Oft wird in den aktuellen Diskussionen der Eindruck erweckt, dass das Erstarken rechtskonservativer, rechtsradikaler und rechtsextremistischer „Strömungen“ durch Menschen, die vor allem aus muslimisch geprägten Krisenregionen zur Flucht gezwungen sind und in Europa und in Deutschland Schutz suchen, verursacht worden ist. In diesem Kontext wird die Aufmerksamkeit auf die AfD und die Pegida-Bewegung reduziert, aber die Einstellungshaltungen von politischen Verantwortungsträgern aus der politischen „Mitte“ werden nicht kritisch hinterfragt – so jüngst in einer von der Friedrich-Ebert-Stiftung vorgestellten, an Ausblendungen nicht zu übertreffenden Studie „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände“.
Auch im Jahr 2019 wird in der öffentlichen / veröffentlichten Berichterstattung peinlich genau darauf geachtet, dass die historische Kontinuität rassistischer Einstellungshaltungen vom Nationalsozialismus bis heute in den Führungsetagen von Politik, Wirtschaft, Medien und Justiz tabuisiert wird. Der Historiker Andreas Kahrs von der Humboldt-Universität Berlin entdeckte im Rahmen eines Dissertationsprojekt zu deutsch-südafrikanischen Netzwerken während der Apartheid Dokumente der Königsteiner PR-Agentur Hennenhofer, die aufzeigen, wie eng und vielfältig die Kooperation zwischen Politikern, den Medien und dem Apartheidregime in Südafrika ausfiel, um die „weiße Vorherrschaft“ in Südafrika zu sichern. Es ist bezeichnend, dass eine Reportage von Monika Anthes und Marcel Kolvenbach zu diesem Thema im Kulturmagazin 3-Sat lediglich über einen Zeitraum von 4 Tagen zu sehen ist. Immerhin können Interessierte die Reportage auf der Homepage von Report Mainz auch als Podcast sichern.
Wer die Diskussion, besser: den langwierigen und schwerfälligen Kampf um die Umbenennung von Straßennamen mit Bezug zu kolonialen Vorherrschaft weißer Kolonialisten verfolgt, der weiß, dass die Kontinuität rassistischen Denkens auch in den Köpfen auf kommunaler Ebene immer noch tonangebend ist.