Rückblick – Zwei Jahre nach dem Volksentscheid: Was ist geschehen?

Chronologie nach dem Volksentscheid „Unser Wasser“ (Stand 4. April 2012)

13. Februar 2011
Mit 666 235 gültigen ja-Stimmen erster erfolgreicher Volksentscheid in der Geschichte Berlins über die Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge bei den Berliner Wasserbetrieben.
http://www.wahlen-berlin.de/abstimmungen/VE2011_Wasser/ErgebnisUeberblick.asp?sel1=6051&sel2=0650

14. Februar 2011
Thomas Rudek, der Verfasser des Gesetzestextes und Sprecher des Volksentscheids, wird nach über 5jähriger, erfolgreicher und ehrenamtlicher Öffentlichkeitsarbeit für den Volksentscheid ohne Rücksprache und Abstimmung als Sprecher des Volksentscheids vom „Netzwerk-Administrator“ Gerhard Seyfarth von der web-Seite des „Berliner Wassertischs“ entfernt.

März 2011
Unter der Koordination der Juristin Sabine Finkenthei findet sich der Arbeitskreis unabhängiger Juristen, ein Kreis von zehn meist promovierten Rechtsanwälten und Rechtswissenschaftlern, unter dem Dach der GRÜNEN LIGA Berlin zusammen, um die offen gelegten Vertragsdokumente einer kritischen juristischen Prüfung zu unterziehen. Der Arbeitskreis entscheidet in einer Abstimmung über seine Arbeitsweise, dass er für Juristen offen ist und in regelmäßigen Abständen tagen wird.

28. März 2011
Im Auftrag der IHK Berlin fertigt Prof. Dr. Joachim Schwalbach von der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin ein „Gefälligkeits“gutachten an, das eine Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe als unrentabel erscheinen lässt. Die Bedeutung des Volksentscheids für eine Vertragsanfechtung wird in dem Gutachten ignoriert.
http://www.ihk-berlin.de/linkableblob/1350084/.6./data/Gutachten-Wasserpreise-data.pdf

5. April 2011
Plenum des Berliner Wassertischs – Thomas Rudek stellt die Möglichkeiten vor, mit einem neuen Volksbegehren die kostengünstige Rekommunalisierung der Wasserbetriebe einzuleiten. Kern des neuen Mitbestimmungsgesetzes ist ein Bürgerbeteiligungsverfahren, das vorsieht, die Berliner Bevölkerung darüber entscheiden zu lassen, wie viel bzw. wie wenig die Konzerne für ihre Anteile an der Holding AG erhalten. Der Vorschlag wird nach Diskussion abgelehnt.

19. Mai 2011
Landesrechnungshof-Präsidentin Marion Claßen-Beblo sieht in einem Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe erhebliche finanzielle Risiken für das Land Berlin. Auch in dieser Stellungnahme wird die Bedeutung einer Vertragsanfechtung nicht berücksichtigt.
http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article1645326/Wasserbetriebe-Rechnungshof-warnt-vor-Rueckkauf.html

Juni 2011
Die Juristin Sabine Finkenthei wird als Ansprechpartnerin für juristische Fragen zum Volksgesetz von der web-Seite des „Berliner Wassertischs“ entfernt. Thomas Rudek gründet die „Berliner Wasserbürger“. http://berliner-wasserbuerger.de
http://berliner-wasserbuerger.de/?page_id=733

19.Juli 2011
Auf einer Pressekonferenz wird ein von dem Arbeitskreis unabhängiger Juristen in enger Absprache mit Prof. Jürgen Keßler von der Verbraucherzentrale Berlin und Prof. Edda Müller von Transparency International Deutschland erstelltes Schreiben an die EU-Kommission vorgestellt. In dem Schreiben wird der Verdacht begründet, dass bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe sowohl gegen das europäische Beihilferecht als auch gegen das europäische Vergaberecht verstoßen wurde. Die EU-Kommission hat auf das Schreiben hin ein noch laufendes Prüfverfahren eingeleitet. Wassertisch-Aktivisten versuchen, die PK zu stören. Die Wortbeiträge der PK können nachgehört werden.
http://www.transparency.de/fileadmin/pdfs/Themen/Verwaltung/Anschreiben_Mueller_Kessler__Europaeische_Kommission_Beihilfeverfahren_Berliner_Wasserbetriebe_11-06-15_Scan.pdf

zur Pressekonferenz

7. September 2011
Auf einer Pressekonferenz stellen die „Berliner Wasserbürger“ gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Berlin und dem Bund der Steuerzahler den juristischen Leitfaden „Nichtigkeit der Berliner Wasserverträge und ihre Geltendmachung“ des Arbeitskreises unabhängiger Juristen vor. In diesem Leitfaden wird die verfahrensrechtliche Möglichkeit aufgezeigt, mittels eines Organstreitverfahrens einer Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses, gegen die Rechtsverstöße in den Berliner Wasserverträgen vorzugehen. Der Leitfaden wird Politikern aller Fraktionen zugestellt. Die Wortbeiträge der PK können nachgehört werden.
http://berliner-wasserbuerger.de/wp-content/uploads/2011/09/Einladung-PK-Anfechtung-der-Wasservertr%C3%A4ge-durch-Abgeordnete.pdf
http://berliner-wasserbuerger.de/wp-content/uploads/2011/09/PM_070911_Leitfaden-Nichtigkeit-der-Wasservertr%C3%A4ge.pdf

8. September 2011
Rundfunkratssitzung des rbb zur Beschwerde über die katastrophale Berichterstattung im rbb-Fernsehen zum Wasser-Volksbegehren. Die Beschwerde wird abgelehnt.
http://berliner-wasserbuerger.de/?p=912

15. September 2011
Weiterleitung einer Mail von einem kleinen Verteiler von Personen über den regulären Wassertisch-Verteiler. In dieser Mail wird gegen den Leitfaden Stimmung gemacht, indem händeringend dubiose Gründe konstruiert werden, um den Leitfaden nicht auf der Homepage des Wassertischs zu veröffentlichen. Durch diese „Geheimpolitik“ sprechen sich Wassertisch-Personen dafür aus, der Bevölkerung wichtige Informationen zur Vertragsanfechtung vorzuenthalten. Kurze Zeit später erfolgte eine weitere Ablehnung des Leitfadens durch die neue Sprecherin Ulrike Kölver.

4. Oktober 2011
Auf einem Plenum des Berliner Wassertischs, das an einem anderen Ort als dem üblichen Treffpunkt stattfindet,  werden Thomas Rudek und Sabine Finkenthei und weitere den Berliner Wasserbürgern nahestehende Aktive aus der Bürgerinitiative ausgeschlossen. Seit dieser Spaltung bestehen zwei Wassertische, die sich zeitgleich an jedem ersten Dienstag im Monat an verschiedenen Orten treffen.

29. Oktober 2011
Die taz enthüllt, dass Prof. Dr. Joachim Schwalbach von der Atomlobby für 135.000 € ebenfalls zu einem „Gefälligkeits“gutachten beauftragt wurde, das als Bestandteil der Atomkampagne kurz vor der Bundestagswahl 2009 hätte platziert werden sollen.
http://www.taz.de/Interne-Dokumente-der-Atomlobby/!80791/

22. November 2011
Piraten – die neue Kraft? Postalisches Anschreiben der Wasserbürger und des juristischen Arbeitskreises an alle Abgeordneten der Piraten-Fraktion und Übersendung des Leitfadens zur Anfechtung der Verträge (Leitfaden). Angebot der KOSTENFREIEN Unterstützung von zwei Berliner Rechtsanwälten aus dem Arbeitskreis unabhängiger Juristen, die ihre Bereitschaft erklärt haben, die Klageschrift für ein Organstreitverfahren zu erarbeiten und mit den Piraten abzustimmen.

1. Dezember 2011
Auf der 4. Sitzung des Plenums des Abgeordnetenhauses von Berlin wird die Einsetzung eines bis zum 31. Dezember 2012 befristeten Sonderausschusses „Wasserverträge“ beschlossen. Der Ausschuss soll ohne Ausstattung mit Sach- und Finanzmitteln die Prüfungen nach § 3 Satz 2 des Volksgesetzes durchführen.
http://www.parlament-berlin.de/pari/web/wdefault.nsf/vFiles/C16-00103/$FILE/plen-0049-bs.pdf
http://berliner-wasserbuerger.de/?p=1143

5. Dezember 2011
Das Bundeskartellamt mahnt die Berliner Wasserbetriebe wegen überhöhter Trinkwasserpreise ab. In seiner vorläufigen rechtlichen Bewertung kommt das Bundeskartellamt zu dem Ergebnis, dass die Trinkwasserpreise in Berlin in den Jahren 2012, 2013 und 2014 um durchschnittlich rund 19% gegenüber dem Jahr 2010 abgesenkt werden müssen.
http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/aktuelles/presse/2011_12_05.php http://berliner-wasserbuerger.de/?p=1158

28. Dezember 2011
Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Buchholz (SPD) vom 13. Dezember 2011 zum Thema „Streit ums Wasser: Immer wieder Schiedsverfahren bei den teilprivatisierten Berliner Wasserbetrieben – und wer zahlt am Ende?“ (Drucksache 17/10 046)
http://berliner-wasserbuerger.de/?p=1269
http://berliner-wasserbuerger.de/wp-content/uploads/2012/02/Anfrage+Schiedsverfahren+BWB+mit+Senatsantworten+01-2012.pdf

6. Januar 2012
1. Sitzung des Sonderausschusses „Wasserverträge“. http://www.parlament-berlin.de/ados/17/SondAWV/protokoll/swv17-001-wp.pdf
http://berliner-wasserbuerger.de/?p=1186

10. Januar 2012
Treffen der „Berliner Wasserbürger“ Thomas Rudek und Sabine Finkenthei mit dem VDGN Berlin. Der VDGN stellt die Ergebnisse seiner juristischen Überprüfung der Wassertarife vor und kündigt zwei Gerichtsverfahren an.

21. und 26. Januar 2012
Teilnahme von Thomas Rudek an drei Podiumsdiskussionen zum Thema Berliner Wasser der Gartenfreunde Berlin in der Blumenhalle der Grünen Woche.

1. Februar 2012
Schreiben der Wasserbürger und des juristischen Arbeitskreises an alle Mitglieder des Sonderausschusses und Übersendung des Leitfadens.

2. Februar 2012
Prof. Markus C. Kerber, der das Verfahren des Bundeskartellamtes wegen überhöhter Trinkwasserpreise maßgeblich angestrengt hatte, legt sein Mandat als Verfahrensbevollmächtigter des Landes Berlin wegen Unstimmigkeiten mit dem Berliner Senat nieder.
http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell/article1896112/Hohe-Wasserpreise-Harsche-Kritik-am-neuen-Senat.html

17. Februar – 2. Sitzung des Sonderausschusses
Zweite Sitzung des Sonderausschusses: Angehört werden die Vertrauenspersonen des Volksentscheids Gerlinde Schermer und Michael Bender (Bundeskontaktstelle Wasser des Umweltverbands GRÜNE LIGA Berlin). Entgegen besseren Wissens spricht sich Gerlinde Schermer für eine Normenkontrollklage gegen das Berliner Betriebegesetz aus. Mit einer Normenkontrollklage können jedoch nur Gesetze, aber keine Verträge angefochten werden.

2. März – 3. Sitzung des Sonderausschusses
Rainer Heinrich, eine weitere von insgesamt fünf Vertrauenspersonen des Volksentscheids, erhält die Möglichkeit, vor dem Sonderausschuss die Verletzung des Demokratiegebots darzustellen. Positiv hervorzuheben ist, dass der Vortrag von einer Power-Point-Präsentation unterstützt wurde.

2. März – VDGN legt mit 2 Klagen nach
Nachdem die Wasserbetriebe die Ansicht vertreten, dass das Bundeskartellamt nicht zuständig ist, will der VDGN (Verband Deutscher Grundstücksnutzer) klären lassen, ob die BWB Gewinne erwirtschaften dürfen. Zu diesem Zweck sind vor dem Berliner Verwaltungsgericht und vor dem Amtsgericht Mitte zwei Klagen eingereicht worden. Der VDGN will diese zentralen Schlüsselfrage notfalls über den gesamten Instanzenzug klären lassen.

12. März – RWE und Veolia erheben Klage gegen das Volksgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht
Gegen zwei Paragrafen des Gesetzes richtet sich die Verfassungsbeschwerde: Zum einen wird beanstandet, dass aus dem Gesetz nicht zu erkennen sei, welche „Reichweite die Offenlegung“ hat. Zum anderen stören sich die privaten Anteilseigner an der Bestimmung in § 4, wonach Vertragsdokumente unwirksam werden, sollten diese nicht offen gelegt sein.

16. März – 4. Sitzung des Sonderausschusses
Endlos Debatte um die Frage, welche Fragen durch einen Gutachter untersucht werden sollen.

30. März – 5. Sitzung des Sonderausschusses
Eingeladen wurde der Vorstandsvorsitzende der Berlinwasser Holding AG, Frank Bruckmann, der es verstand, die Weste der Teilprivatisierung weiß zu waschen.

2. April 2012 – Berliner Wasserbetriebe erhalten zweite Abmahnung durch das Bundeskartellamt wegen zu hoher Trinkwasserpreise.

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