Seit dem 30. November hat der Vorsitzende des Sonderaussschusses allen Mitgliedern des Ausschusses einen Berichtsentwurf zugestellt. Auf seiner heutigen 16. Sitzung soll über den Bericht sowie ggf. Änderungsanträge zum Bericht beraten und abgestimmt werden. Als Wasserbürger haben wir uns an den Ausschuss gewandt, mit der Bitte, dass der Bericht in seiner Entwurfsfassung veröffentlicht wird, damit Sie sich an Ihre Volksvertreter wenden können, um Vorschläge und Änderungswünsche zu beantragen. Leider wurde dieser Wunsch von der Mehrheit abgelehnt. Hierauf haben wir heute folgendermaßen reagiert:
Sehr geehrte Frau Dr. Reiter,
sehr geehrte Abgeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren,
herzlichen Dank für Ihre Antwort. Es wird Sie nicht überraschen, dass der Inhalt Ihrer Antwort weder mich noch andere interessierte Bürger überzeugt. Gerade in der Entwurfsphase des Abschlussberichts hätte die Möglichkeit bestanden, auf Aspekte ergänzend hinzuweisen, zumal heute auch über Änderungsanträge final abgestimmt werden soll. Wie sollen die Bürger jedoch an die Vertreter des Sonderausschusses herantreten, wenn ihnen der Zugang zu der Entwurfsfassung des Abschlussberichts verwehrt wird? So wird die ÖFFENTLICHE Ausschussitzung reduziert auf das übliche Rollenspiel: Die eingeweihten Abgeordneten debattieren über einen Berichtsfassung, die nur sie kennen, während das in Unwissenheit gehaltene Publikum, nur ansatzweise den Schlagabtausch verfolgen kann.
So muss der Eindruck entstehen, dass von Seiten des Sonderausschusses an einer bürgerschaftlichen Partizipation bei der Erstellung des Abschlußberichts kein Interesse besteht.
Auch vermag der Hinweis, dass sich die Sprecher/innen des Ausschusses „mehrheitlich“ auf dieses restriktive Verfahren verständig haben, nicht überzeugen, denn den Abgeordneten der Oppositionsfraktionen hätte es ja frei gestanden, vertrauliche Dokumente Interessierten zugänglich zu machen bzw. diese auf ihren Portalen zu veröffentlichen. Ich habe die Portale besucht und leider vergebens Ausschau nach der Entwurfsfassung des Abschlussberichts gehalten. Fehlanzeige auch bei den Vertretern der Oppositionsfraktionen.
Abschließend erlauben Sie mir bitte noch den Hinweis, dass ich auch in meiner Eigenschaft als Verfasser des Volksgesetzes nie zu denen gehört habe, die dem Sonderausschuss den Aufklärungswillen abgesprochen haben. Zwar habe ich auch in öffentlichen Stellungnahmen zutiefst bedauert, dass von Seiten der Fraktionen nicht verstärkt Juristen in den Ausschuss entsandt worden sind. Doch wie die Protokolle belegen, schützt auch juristischer Sachverstand nicht vor Mißverständnissen – gerade hinsichtlich des Leitfadens, der vom Arbeitskreis unabhängiger Juristen erarbeitet worden ist und durch Rechtsanwalt Sydow und Frau Finkenthei vorgestellt werden konnte. Immerhin konnten auch einige Kernaussagen dieses Leitfadens durch andere anzuhörende fachkundige Personen nicht nur präzisiert, sondern offensiv – im Sinne einer Vertragsanfechtung – weiter entwickelt werden. Dennoch hätte ich mir im Rahmen einer produktiven Kooperation zwischen repräsentativer Demokratie und Bürgergesellschaft weniger Barrieren und Hürden gewünscht. Damit meine ich nicht eine Rederecht, sondern den Zugang zu relevanten Informationen wie dem Entwurf des Abschlussberichts. Gerade das Volksgesetz eröffnete durch den Sonderausschuss eine Brücke zwischen parlamentarischer und direkter Demokratie. Ich hätte gewünscht und eigentlich auch erwartet, dass das Potenzial dieser Brücke erkannt und entsprechend gepflegt, wenn nicht gar ausgebaut wird. Es ist bedauerlich, dass es hierzu nicht gekommen ist, was keineswegs nur den Regierungsfraktionen anzulasten ist!
Hochachtungsvoll
Thomas Rudek