Die Verfilmung von Literaturvorlagen ist stets eine besonders große Herausforderung. Das gilt erst recht für literarische Vorlagen des Literaturnobelpreisträgers Jose Saramago, denn seine Werke sind beklemmende und zugleich erkenntnisreiche Gesellschaftsparabeln, deren Tragweite filmisch nur schwer umzusetzen und zu vermitteln sind. Der brasilianische Regisseur Fernando Meirelles, berühmt geworden durch den preisgekrönten Spielfilm „City of God“ oder die John Le Carre Verfilmung „Der ewige Gärtner“, hat sich dieser Herausforderung gestellt und den Saramago-Roman „Die Stadt der Blinden“ mit den Hauptdarstellern Julianne Moore, Mark Ruffalo und Gal García 2008 verfilmt.
Im Folgeroman „Die Stadt der Sehenden“ hat sich die ehemals erblindete Gesellschaft emanzipiert, hat durch das Stadium der weißen Blindheit das Sehen im Sinne des Betrachtens und Verstehens erlernt. Die Folge dieses verstehenden Betrachtens ist das Durchschauen des politischen Schmierentheaters und der Legitimationsentzug durch die Bevölkerung, die anläßlich einer Wahl einen weißen Stimmzettel abgibt. Auf diese weiße Revolution reagieren die Herrschenden mit den üblichen Mitteln der Repression…
Wie der Protest hierzulande systemstabilisierend kanalisiert bzw. neoliberal gemanagt wird, läßt sich am 20. August, am Tag der offenen Tür der BundesRegierung, veranschaulichen. Proteste sind an diesem Tag an diesen Orten nicht zu erwarten, denn diese werden „sozialpartnerschaftlich“ umgeleitet… Wer sich also wundert, dass an diesem „Tag der offenen Tür“ alles friedlich verläuft, der sollte versuchen, sich dem verstehenden Betrachten zu öffnen. Die Lektüre der Romane des verstorbenen Jose Saramago helfen, sich diese Dimensionen zu erschließen.
s.a. Vom Sehsinn zum Scharfsinn – zur Erinnerung an den Literaturnobelpreisträger Jose Saramago