Fragen auch SIE Sigmar Gabriel und andere Spitzenfunktionäre auf öffentlichen Veranstaltungen wie dem Tag der offenen Tür der Bundesminsterien zu TTIP und der Demokratie: Referenden zu völkerrechtlichen Verträgen (wie TTIP, TISA etc.) in der Hälfte der EU-Staaten grundsätzlich möglich!

Sigmar Gabriels Versuche, sein demokratisches Profil in neuem Glanz erscheinen zu lassen und genehme Vorstandsbeschlüsse posthum durch das Parteivolk absegnen zu lassen, bildeten sowohl für die Wasserbürger als auch für IG „Demokratie, Bürgerbeteiligung und Transparenz“ die diesjährige Steilvorlage für den Tag der offenen Tür in den Bundesministerien. Im Bundespressehaus erhalten Bürger einmal im Jahr die Möglichkeit im Rahmen von Bundespressekonferenzen in die Rolle jener auserwählten und zugelassenen Journalisten zu schlüpfen, um Regierungsvertretern Fragen zu stellen. Leider stellen sich nicht alle Minister diesem Bürgerdialog und leider kommen auch nicht alle Bürger zu Wort, was an den langen, oft ausufernden Antworten der befragten Politiker liegt. Wir (eine Gruppe von vier Personen) hatten die Hoffnung, Sigmar Gabriel auf eine politisch korrekte Art zum Freihandelsabkommen öffentlich befragen zu können. Leider ist uns das Wort auf der gestrigen PK nicht erteilt worden, doch vielleicht haben Sie bei anderen Gelegenheiten die Möglichkeit, Sigmar Gabriel um die Beantwortung folgender Frage zu bitten:

„Sehr geehrter Herr Gabriel, so ehren- und bewundernswert ihre Versuche zu bewerten sind, parteiinterne Prozesse in der SPD durch eine stärkere Einbindung aller Parteimitglieder zu demokratisieren, so vermissen viele Menschen entsprechende Demokratisierungs-Vorstöße der SPD-Spitzenfunktionäre gegenüber der EU-Kommission. Im Zusammenhang mit den TTIP-Verhandlungen ist von dem renommierten Institut für Völkerrecht in Köln eine Studie in Auftrag gegeben worden, die zu dem Ergebnis kommt, dass in der Hälfte aller Mitgliedstaaten Referenden, also Volksabstimmungen, über die Zustimmung zu völkerrechtlichen Verträgen wie den TTIP- oder tisa-Verträgen grundsätzlich möglich sind! In vielen Ländern der EU wie Dänemark, Frankreich und Österreich können die Parlamente und Regierungen die Durchführungen solcher Referenden veranlassen. Gerade vor dem Hintergrund, dass die TTIP-Verträge langfristig wirken und nahezu alle Lebensbereiche durchdringen, jedoch die Verhandlungsverantwortlichen nur ein demokratisches Mandat für eine Legislaturperiode haben, wäre es da nicht zwingend erforderlich, dass auch Sie alles in Ihrer Macht stehende unternehmen, um einen Referendumsvorbehalt für völkerrechtliche Verträge zur Chefsache zu erheben? Schließlich könnten Sie durch diese stärkere demokratische Einbeziehung der Bevölkerung auch verloren gegangenes Vertrauen wieder zurück gewinnen! Können Sie auch in Erfahrung bringen, ob möglicherweise bereits mit jenen Ländern, in denen Referenden möglich sind, Entscheidungen getroffen worden sind, dieses Beteiligungsinstrument des Referendums nicht einzusetzen? Und würden Sie, wenn Ihnen solche Vereinbarungen bekannt sind, diese auch der Öffentlichkeit mitteilen?“

Thomas Rudek
(Tel. 030 / 261 33 89 oder ThRudek@gmx.de)

 

 

 

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Katastrophenquarantäne für den Journalismus und eine „wohltemperierte Grausamkeit“ für die Flüchtlinge! Das rückständig-reaktionäre Weltbild des Psycho-„Philosophen“ Peter Sloterdijk – Offenlegung im Rahmen eines Gesprächs mit Rainer Burchardt (dlf)

dlf solterdijk 20150730Lange hatte man nichts mehr von ihm gehört, dem „Psycho-Philosophen“ Peter Sloterdijk, der im ZDF am Sonntagabend  10 Jahre  gemeinsam mit Rainer Safransky unter Einbeziehung zweier Zaungäste die Sendung „Das philosophische Quartett“ dominierte, um seine Sicht schwadronierend-geschwätzig dem Fernsehpublikum darzubiedern. Am Donnerstagabend war es dann wieder einmal soweit: Nicht im Fernsehen, aber im Deutschlandfunk wurde den Zuhörern in der Reihe „Zeitzeugen im Gespräch“ die Möglichkeit eröffnet, ein Glanzstück journalistisch-analytischer Darstellung durch eine einfühlsame wie strategisch-brillante Gesprächsführung wahrnehmen zu können. Der erfahrene Medien-Profi Rainer Burchardt überzeugte durch sein Interview, gelang es ihm nicht nur einen Einblick in die Gedankenwelt von Peter Solterdijk zu vermitteln, sondern auch die Beweggründe erahnen zu lassen, die den Intendanten des ZDF dazu bewogen haben, die Sendung „Das philosophische Quartett“ nicht weiter fortzuführen.

Im Rahmen der Aufarbeitung des Gesprächs unterteilte Rainer Burchardt das Interview in vier thematisch getrennte Einheiten: Dem persönlich-familiären Einstieg folgten Ausführungen über die Entwicklung der Demokratie in der deutschen Geschichte. Besonders aufschlussreich waren Sloterdijks Bemerkungen über die Schlüsselrolle der modernen Massenmedien für die neurotischen Erregungszustände unserer Gesellschaft (O-Ton 2:29 Min) wie seine Empfehlungen zur (lokalen) Terrorismusbekämpfung durch eine gezielte Nichtberichterstattung (O-Ton 4:55 Min.) bzw. eine mediale  „Katastrophenquarantäne“. Sein historischer Vergleich mit der Schiffsquarantäne als Schutzvorkehrung vor den Erregern der Pest war dann die Steilvorlage für Rainer Burchardt, um zum Thema der  „brennenden Migrationsfragen“ überzuleiten. Sloterdijk empfiehlt attraktiven westlichen Gesellschaften eine „wohltemperierte Grausamkeit“ (O-Ton 5:56 Min) gegenüber den „vökerungsARTigen Verschiebungen“, wobei bereits der Umstand, dass Sloterdijk die Frage, ob der Hitzegrad in abgefackelten Asylbewohnerheimen auch noch als „wohltemperierte Grausamkeit“ einzustufen ist, unbeantwortet ließ, für sich, aber nicht für Sloterdijk spricht.

Fazit: Für jemanden, der einerseits gerne historische Vergleiche bemüht und vor pseudo-psychologischen Übertragungsversuchen nicht zurückschreckt, andererseits es trotz oder gerade aufgrund dieser sprachgewaltig-verpackten Banalisierungen (des Bösen) verstanden hat, die mehr mentalen als intellektuellen Erregungszustände anzufeuern, ist es verwunderlich, dass der Blick vom professoralen Elfenbeinturm offensichtlich die Sicht auf die Niederungen differenzierender Analyse ausschließt. Gerade was die Ursachen der aktuellen Entwicklungen des Terrorismus betrifft, gibt es genügend fundierte wie substanzielle Analysen von kompetenten Persönlichkeiten wie dem verstorbenen Peter Scholl-Latour oder des Nahost-Experten Dr. Michael Lüders, die die fatalen Auswirkungen von westlichen geostrategischen Interessen im Nahen Osten aufgezeigt haben. Doch auch die Darstellung der deutschen Verantwortung muss solange als rückständig klassifiziert werden, solange die Entwicklungshilfe – jetzt schönrednerisch als Entwicklungszusammenarbeit (natürlich nicht auf gleicher Augenhöhe) umschrieben – durch profitable Geschäftsmodelle a la PPP (Public Private „Partnership“) pervertiert wird, um den Rückfluss der Mittel ins Herkunftsland zu sichern. Auch das vorsätzliche und politische gewollte prognostische Versagen über die zu erwartenden Migrationsbewegungen dienen nur der Reanimierung jener Kräfte, die nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus in den Dämmerschlaf versetzt worden sind. Und wir dürfen gespannt sein, ob irgendwann durch „Euro-Leaks“ die neuen Wannsee-Protokolle bzw. Brüssel-Protokolle auftauchen werden, aus denen ersichtlich wird, wie das Migrationsproblem einer Endlösung zugeführt worden ist. Gewiss wird Herr Sloterdijk hierzu entsprechende Vorschläge zur psycho-philosophischen Vermarktung parat haben. Was an solchen sprachgewaltigen Wortführern am meisten zu denken gibt? Dass es genügend Personen gibt, die sich durch diese Brandstifter nicht nur angesprochen fühlen, sondern auch veranlasst sehen, den Worten Taten folgen zu lassen.

Rückblickend gesehen, war die Absetzung des philosophischen Quartetts überfällig. Ob mit David Precht ein qualitativer Neustart für ein anspruchsvolles Diskurs-Format eröffnet wurde? Die „ZDF-Nachtgespräche“ mit Volker Panzer waren in ihrem Erscheinungsbild insofern anders, als es dem Moderator weniger um die narzisstische Selbstdarstellung als um das Interesse an seinen Gästen ging. Würde sich die deutsche Talk-Republik auf einen solchen Moderationsstil rückbesinnen, dann wäre schon viel gewonnen.

Thomas Rudek
Interessengemeinschaft für Demokratie, Bürgerbeteiligung und Transparenz (IG DeBüT)

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Maybritt Illner oder Zensur als Moderationsprinzip? Wie die griechische Linke als Prügelknabe für die Eurokrise herhalten muss.

In der Kunst des Schönrechnens und der Erstellung von Milchmädchenrechnungen profilieren sich gerne Wirtschaftsexperten einer ganz bestimmten Couleur, um dann ihre über jeden Zweifel erhabenen Ergebnisse der Talk-Republik in der üblichen allwissentlichen Arroganz mitzuteilen. Solche Alibi-Experten werden auch deshalb gerne präsentiert, nicht um wissenschaftliche Aufklärungsarbeit zu leisten, sondern um die Stimmungsmache und Schuldzuweisungen von „wissenschaftlicher“ Seite absegnen zu lassen. So auch am 16.7.2015 bei Maybritt Ilnner. Unter dem Titel „Griechen zwangsgerettet – Europa gespalten?“ hatte Illner als Experten Hans Werner Sinn (Präsident des Münchner ifo-Instituts) und Silvia Wadhwa (Journalistin & Finanzexpertin) geladen. Wie immer wurde Hans Werner Sinn zuerst das Wort erteilt, der nun schon seit mehreren Wochen versucht, den bisherigen Aussagen, nach denen 90 % der gewährten Kredite zur Bedienung der europäischen Gläubiger verwendet wurden, eigene Berechnungen entgegenzuhalten. Seinen „Erkenntnissen“ zufolge sind nur 30 % der Kredite wieder an die Gläubiger-Banken zurückgebucht worden, während 30 % bei der griechischen Bevölkerung gelandet und 30 % von reichen Griechen durch Kapitalflucht ins Ausland transferiert worden sind. Wie wenig Sinn sein sinnloses Geschwätz von gerade interessiert, verdeutlichen seine „Ausführungen“ wenige Sekunden MI Wadhwaspäter, denn hier führt er jetzt die Summe von 38.000 Euro ins Feld, die durchschnittlich für die Rettung jedes Griechen ausgegeben werden (O-Ton Sinn 1:41 Min). Als die andere Expertin Silvia Wadhwa ansetzte, um den Zahlen von Hans Werner Sinn zu widersprechen und auf andere Quellen zu verweisen, wurde sie von Maybritt Illner jäh unterbrochen, weil darüber „schon häufig in der Sendung gesprochen“ wurde (O-Ton Illner und Wadhwa 1:21 Min). Merkwürdig: Wenn über diese hochgradig unterschiedlichen Berechnungen angeblich schon so häufig gesprochen wurde, warum lässt Illner dann zu, dass Hans Werner Sinn ungestört und ohne jeden Widerspruch seine „Ergebnisse“ vortragen kann? Vielleicht weil der Nachfolger von Hans Werner Sinn, Clemens Fuest, bereits wenige Tage zuvor im Zusammenhang mit der nicht gestellten Frage nach der Gegenfinanzierung der Rettungspakete für Griechenland eine Erhöhung der „Soli-Steuer“ ins Gespräch brachte? Als Leser erkennen Sie die Farce und die Bedeutung des Streits um die richtigen Zahlen: Fuest und Sinn wollen den Steuerzahler in Vorleistung nehmen, nicht um die griechische Bevölkerung, sondern um auch weiterhin die Gläubiger-Banken zu retten!

Wenn die deutschen Bürgschaften an die EZB jemals fällig werden sollten – und erst dann und zu keinem anderen Zeitpunkt – müssen andere Modelle umgesetzt werden: Im Handelsblatt fasst Dietmar Neuerer bereits 2013 die Ergebnisse eines Gedankenspiels unter dem Titel „IWF-Vorstoß – Angriff auf die Reichen“ zusammen: Ausgangspunkt ist der Anstieg der Verschuldung der „Euro-Staaten von 6000 auf 8600 Milliarden Euro … deutlich über 90 Prozent des BIP. Durch eine Vermögensabgabe von etwa 10 Prozent könnten die Schuldenstände von Euro-Ländern auf den Stand vor der Finanzkrise 2007 gedrückt werden… Der IWF hatte sich in seinem Fiskalbericht auch für höhere Spitzensteuersätze ausgesprochen. Unter Einnahmegesichtspunkten riet der Fonds Deutschland zu einem Spitzensteuersatz von 55 bis 70 Prozent.“  Von dieser einmaligen Vermögensabgabe wären alle Besitzer von Ersparnissen, Wertpapieren sowie Immobilien betroffen. Wenngleich viele Skeptiker und Bedenkenträger dieses Gedankenspiel abgelehnt haben, so gab es einige wie den Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, der das Potenzial dieses Vorschlags zumindest für die Krisenländer ausgelotet hat:

So stehe in Italien der Staatsverschuldung von 127 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein Finanzvermögen der Privathaushalte von 175 Prozent des BIP gegenüber. „Eine Vermögensabgabe sollte allerdings selbstgenutzte Immobilien aussparen, weil ansonsten Hauseigentümer gezwungen sein könnten, sich zu verschulden, um die Abgabe zu entrichten“, fügte Krämer hinzu. „Außerdem sollten kleine Finanzvermögen nicht einer Vermögensabgabe unterworfen werden.“

Dieses Gedankenspiel zeigt die eigentliche Herausforderung, vor der die öffentlichen Medien und der Journalismus stehen, wenn ein Krisendiskurs ernsthaft geführt werden soll: Es müssen die Zusammenhänge durch erweiterte Perspektiven aufgezeigt werden. Die Fokussierung allein auf die Staatsschuldenquote ist völlig unzureichend und neoliberal-ideologisch motiviert. Auf die Notwendigkeit der Perspektiverweiterung wies auch Martin Lanz in dem NZZ-Artikel „Private und öffentliche Schulden.Der Klotz am Bein Europas“ vom 11.1.2014 hin:

„Die Krise in Europa wird immer wieder mit der hohen Staatsverschuldung in Verbindung gebracht… Möglicherweise ist es aber die Verschuldung der privaten Haushalte und der Unternehmen, die dem Wirtschaftsgang in Europa besonders stark zusetzt… In der Euro-Zone betrug die Verschuldung des Privatsektors (private Haushalte und Nicht-Finanzunternehmen) gemessen am BIP am Ende des zweiten Quartals 2013 168%. Sie lag damit etwas über der Quote der USA, die am Ende des dritten Quartals bei 160% lag. Die höchsten Quoten weisen Luxemburg (369%), Irland (323%), Portugal (257%), Belgien (247%), die Niederlande (222%) und Spanien (208%) auf. Solch hohe private Schuldenstände sind problematisch. Auch wenn es keine feste Regel gibt, gilt für die Privatverschuldung Ähnliches wie für die Staatsschulden: Ab einem gewissen Niveau verlangsamt sich das Wirtschaftswachstum. In einem Arbeitspapier haben Ökonomen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) indikative Schwellenwerte von 90% des BIP für Firmenschulden und 85% für Privatschulden ermittelt, ab denen das Wachstum beeinträchtigt wird.“

schulden dieser welt spiegel 05022015Erst die Einbindung anderer volkswirtschaftlich relevanter Faktoren wie die Unternehmensverschuldung, die private Verschuldung und natürlich die Einbeziehung der Ergebnisse der Banken-Stresstests ergeben ein vollständiges Bild. Und wer auf Vollständigkeit beispielsweise durch die Ausblendung der Vermögensverteilung und Vermögensentwicklung verzichtet, wird sich vorhalten müssen, dass er an einer zukunftsfähigen und gesellschaftlich sozial-tragfähigen Lösung kein Interesse hat, sondern andere Ziele verfolgt. Besonders besorgniserregend ist die Ausrichtung der Hoffnung auf Wachstumsraten als die alleinigen Heils- und Glücksbringer. Dass nicht einmal der Anschein erweckt wird, den Wachstumsbegriff zu differenzieren und die Bedeutung eines qualitativen Wachstums herauszustellen, ist ein deutliches Zeichen für die Verweigerungshaltung des Meinungskartells.

Thomas Rudek
Interessengemeinschaft für Demokratie, Bürgerbeteiligung und Transparenz (IG DeBüT)

 

 

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