Pelzig tobt in der Anstalt: Europäische Bürgerinitiative „Wasser ist ein Menschenrecht“ bekommt Zulauf…

… durch prominente Unterstützung. Die ZDF-Satire-Sendung „Neues aus der Anstalt“ erfreut sich trotz später Sendezeit einer hohen Einschaltquote. Der Kabarettist Frank-Markus Barwasser, der Öffentlichkeit bekannt als Erwin Pelzig, wetterte am Dienstag abend gegen die EU-Konzessionsrichtlinie, nach der auch der deutsche Wasser“markt“ stärker als bisher dem Wettbewerb geöffnet werden soll: Zukünftig sollen europaweite Ausschreibungen bei der Vergabe von Konzessionen zur Regel erhoben werden. Die Befürchtungen der Privatisierungskritiker, dass in diesem Richtlinienentwurf erneut die (private) Wasserlobby ihre Interessen durchsetzt, ist nicht von der Hand zu weisen. Wie in dem Bericht „Geheimoperation Wasser: Wie die EU-Kommission Wasser zur Handelsware machen will“ des ARD-Magazins „Monitor“ nachgewiesen worden ist, hat der zuständige EU-Kommissar für den Binnenmarkt Michel Barnier ein Beratergremium eingesetzt, das sich  überwiegend aus Vertretern der Wasserwirtschaft  zusammen setzt.

Barnier versucht zu beruhigen, betont, dass „wir Regeln brauchen. Jede deutsche Kommune wird weiterhin über ihr Wasser entscheiden können, jetzt aber geben wir ihr die Möglichkeit, das Wasser auch einem privaten Partner anzuvertrauen, jetzt wird auch das geregelt, zum Wohl des Verbrauchers,“ so Barnier in dem Monitor-Interview.

Wenn jedoch zukünftig Wasserlizenzen europaweit ausgeschrieben werden, dann ist zu befürchten, dass mit den Dumpingangeboten der großen Konzerne kein kommunaler Betrieb konkurrieren kann. Hinzu kommt noch der Konsolidierungsdruck auf die Kommunen, der viele Kämmerer auch nicht davor zurück schrecken lässt, das hauseigene Tafelsilber an Investoren zu verscherbeln, die nur eines machen wollen: Satte Gewinne.

Ob ein relativ neues bürgerschaftliches Beteiligungsverfahren, die Europäische Bürgerinitiative, ein geeignetes Instrument ist, um den Plänen der Kommission Einhalt zu bieten? Unter dem schönen Slogan „Wasser und Sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“ werden europaweit bis September eine Millionen Unterschriften gesammelt. Wer jedoch glaubt, dass damit die Gefahr gebannt ist, der schätzt die Bedeutung dieser Beteiligungsinstruments leider zu hoch ein. Denn im Gegensatz zur direkten Demokratie lösen die gesammelten Unterschriften leider kein Verfahren für eine Gesetzgebungsinitiative aus, sondern führen lediglich zu einem Anhörungsrecht vor der Kommission. Auch fehlen in dem Zielkatalog der BI zum einen eine klare Distanzierung von Wasserunternehmen, die nach dem Geschäftsmodell der Public-Private-Partnership (PPP) ihre profitablen Geschäfte betreiben, und zum anderen ein Bekenntnis, dass die Prinzipien der Gewinnerzielung und Profitorientierung mit dem Auftrag einer öffentlichen Wasserversorgung unvereinbar sind. Immerhin sind die Parlamentarier auch auf europäischer Ebene wachgerüttelt und versuchen nachzubessern und den Druck aus der öffentlichen Diskussion zu nehmen. Wenn sich allerdings auch der Verband kommunaler Unternehmen (VkU) im DeutschlandRadio äußert und sich für die Beibehaltung des Status Quo ausspricht, dann sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass sich der VkU nur gegen die Privatisierung der Wasserversorgung ausspricht, nicht aber gegen die Teilprivatisierung. Wen wundert’s? Sind die teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe doch der größte Beitragszahler im VkU!

LINK zur Homepage der Europäischen Bürgerinitiative
„Wasser und Sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“

Link zum Artikel „Markt im Wasserglas“ von Andreas Damm und Peter Riesbeck aus der Frankfurter Rundschau vom 25. Jan. 2012

Spanien: Konzerne auf Schnäppchenjagd von Martin Dahms (FR v. 25. Jan. 2012)

 

 

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Beratungsresistent: Anmerkungen zur Plenardebatte im Abgeordnetenhaus

Sie erinnern sich: Nach einjähriger Arbeit hat der Sonderausschuss zur Prüfung der ursprünglich geheimen Teilprivatisierungsverträge einen Abschlussbericht vorgelegt, in dem allerlei steht, nur eines nicht: Die Wege, die möglich sind, um die Teilprivatisierungsverträge gerichtlich anzufechten. Daraufhin hat Rechtsanwalt Olav Sydow vom „Arbeitskreis unabhängiger Juristen“ (AKJ) eine Stellungnahme geschrieben und darum gebeten, dass der Abschlussbericht ergänzt werden soll, bevor dieser diskutiert wird. Diesem Ansinnen wurde nicht entsprochen, worauf hin Alexander Kraus vom Bund der Steuerzahler Berlin, Herr Ohm (Geschäftsführer vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer), Stefan Richter (Geschäftsführer der Grünen Liga Berlin), der Schriftsteller und Preisträger Ingo Schulze, die Juristin Sabine Finkenthei und Rechtsanwalt Olav Sydow vom AKJ an alle Abgeordneten einen Brief auf den Weg gebracht haben, um noch einmal unmissverständlich auf die Vorteile einer Organklage vor dem Verfassungsgericht zu verweisen. Gleichzeitig wurde auch noch eimal das Angebot von Rechtsanwalt Olav Sydow bekräftigt, die Klage ohne jedes Prozesskostenrisiko zu vertreten. Wenngleich all diese wichtigen Informationen nicht einmal ansatzweise im Abschlussbericht des Sonderausschusses erwähnt worden sind, so hatten wir doch die Hoffnung, dass der ein oder die andere Abgeordnete die Diskussion im Abgeordnetenhaus am 17. Januar nutzen werden, um auf diese Möglichkeiten hinzuweisen oder auf den Brief bzw. die Stellungnahme des AKJ zu verweisen. Zwar versuchte die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen noch, die AKJ-Stellungnahme als Drucksache allen Abgeordneten zuzustellen, scheiterte jedoch an der ignoranten Haltung der Parlamentsverwaltung. Frau Finkentheis Versuche wurden vom Ausschussbüro des Sonderausschusses abgebügelt. Und ich erhielt von Seiten der parlamentarischen Geschäftsführung der CDU eine Antwort, die unmissverständlich zu erkennen gibt, dass an einer ernsthaften Auseinandersetzung über die Möglichkeiten einer gerichtlichen Prüfung der Verträge kein Interesse besteht.

Von diesen unmittelbaren Reaktionen abgesehen, ist vor allem das Wortprotokoll der Plenardebatte (s.u.) enttäuschend. In diesem Zusammenhang wollen wir daran erinnern, dass a) auch einzelne Abgeordnete der Oppositionsfraktionen von der Möglichkeit der Organklage Gebrauch machen könnten und b) eine Normenkontrollklage, wie sie von verschiedenen Vertretern der Oppositionsfraktionen offensichtlich angestrebt wird, nur gegen ein Gesetz – in diesem Fall gegen das Betriebegesetz – gerichtet ist, nicht aber gegen Verträge. Sollte also eine (erneute) Normenkontrollklage gegen das Betriebgesetz erfolgreich verlaufen, so bleiben die vertraglichen Gewinngarantien für den privaten Anteilseigner VEOLIA bestehen.

Halten wir fest: Wer gegen die vertraglich vereinbarten Gewinngarantien juristisch vorgehen will, der kommt an einer Organklage vor dem Verfassungsgericht nicht vorbei! Hingegen ändert eine Normenkontrollklage gegen das Betriebegesetz nicht das Geringste an den Gewinngarantien und an den anderen Regeln der Teilprivatisierungsverträge (geheime Schiedsverfahren u.a.).

LINK zum Plenarprotokoll des 17. Jan. 2013 (PDF, die „Wasser“-Debatte beginnt ab Seite 82)

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PM Wasserbündnis kritisiert Abschlussbericht des Sonderausschusses / Frist für Organklage beginnt mit heutiger Plenardebatte

PM Wasserbündnis kritisiert Abschlussbericht des Sonderausschusses / Frist für Organklage beginnt mit heutiger Plenardebatte (17. Januar 2013)

Berlin, 17.01.2012. Ein Berliner Wasserbündnis, bestehend aus Alexander Kraus (GF Bund der Steuerzahler Berlin), Peter Ohm (GF des Verbands Deutscher Grundstücksnutzer), Stefan Richter (GF der GRÜNEN LIGA Berlin), Ingo Schulze (Schriftsteller und Direktor der Abteilung Literatur der Akademie der Künste, Rechtsanwalt Olav Sydow und der Volljuristin Sabine Finkenthei (Ansprechpartner für den Arbeitskreis unabhängiger Juristen) und Thomas Rudek (Ansprechpartner für die Berliner Wasserbürger) haben an alle Abgeordnete des Berliner Abgeordnetenhauses ein Schreiben gerichtet, in dem vor allem der Abschlussbericht des Sonderausschusses zur Prüfung der Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe massiv kritisiert wird. Vorgeworfen wird vor allem, dass die während der Ausschusssitzungen dargestellten Möglichkeiten und Präzisierungen einer Vertragsanfechtung über eine Organklage im Abschlussbericht abgewertet und völlig heruntergespielt werden, obwohl mehrere Juristen vor dem Sonderausschuss einer Organklage hohe Erfolgsaussichten eingeräumt haben.

Ein von Seiten des Sonderausschusses beim Wissenschaftlichen Parlamentarischen Dienst in Auftrag gegebenes Gutachten vermittelt eine  andere Rechtsauffassung. Hierzu bemerken die Verfasser des Briefes an die Abgeordneten: „Auch hat die Rechtsmeinung des WPD keine rechtliche Wirkung und Relevanz, solange diese nicht von einem Gericht bestätigt worden ist,  oder mit anderen Worten: Ein Rechtsgutachten kann und sollte nicht als Ersatz für die Rechtsprechung der Gerichte angeführt werden, schon gar nicht, wenn es um derart bedeutsame offene Rechtsfragen wie in dem hier vorliegenden Fall geht!“ (Brief v. 14.1., Seite 3).  Auch ein separates Schreiben von Rechtsanwalt Olav Sydow (AKJ), in dem er die Mitglieder des Sonderausschusses bat, den Inhalt des Abschlussberichts um wichtige Aspekte zu den Möglichkeiten der Vertragsanfechtung zu ergänzen, fand im Abschlussbericht keinen Niederschlag. Rechtsanwalt Olav Sydow befürchtet für die Plenardebatte, „dass viele Abgeordnete über die Bedeutung und die Möglichkeiten, die sich durch ein Organstreitverfahren politisch und juristisch eröffnen, weder ansatzweise noch umfassend durch den Bericht informiert werden.
Das ist insbesondere vor dem Hintergrund bedauerlich, da die Kernaufgabe des volksgesetzlichen Prüfauftrages ja darin bestand, die Möglichkeiten der gerichtlichen Vertragsanfechtung aufzuzeigen und herauszustellen!“

Thomas Rudek bewertet den Abschlussbericht unter strategischen Gesichtspunkten: „Der Bericht entspricht der Strategie des Information Overkill. Es werden allerlei belanglose Infos präsentiert. Dann sind auch noch als Anhänge Stellungnahmen vom Wassertisch, von zwei Vertrauenspersonen wie von einem Prozessbeobachter von Transparency International beigefügt, so dass fälschlicherweise der Eindruck erweckt wird, jeder hat sich zu Wort gemeldet. Doch die beigefügten Stellungnahmen haben a) keine Prozessreleanz, sind also für eine gerichtliche Vertragsanfechtung völlig unbedeutend und b) beziehen sie sich inhaltlich nicht auf den Abschlussbericht.“

Perspektivisch verweist die Juristin Sabine Finkenthei darauf, dass die sechs-Monats-Frist für ein Organstreitverfahren erst dann beginnt, wenn sich das Plenum des Abgeordnetenhauses mit dem Abschlussbericht des Sonderausschusses auseinandersetzt: „Erst nach Beendigung der Arbeit des Sonderausschusses und der Aussprache im Plenum befinden sich alle Abgeordneten in der Lage, sich über die Möglichkeiten der Vertragsanfechtung zu informieren bzw. innerhalb der vorgegebenen Frist weitere Informationen einzuholen, um dann beispielsweise wegen der Verletzung des Budgetrechts ein Organstreitverfahren zu initiieren,“ so Finkenthei. „Darum erhält der Informationsgehalt des Abschlussberichts so eine zentrale Bedeutung und wir bedauern zutiefst, dass auch die offenen juristischen Fragen im Abschlussbericht weder aufgegriffen noch herausgestellt worden sind. Es soll offensichtlich unterbunden werden, diese grundlegenden ungeklärten Rechtsfragen einer abschließenden gerichtlichen Klärung zuzuführen.“ „Bei allem Verständnis für die Berichterstattung über die Baustelle Flughafen“, so Finkenthei, „darf die in dreistelliger Höhe Millionen verschlingende Baustelle der Teilprivatisierungsverträge in der Berichterstattung nicht untergehen“.

Die Plenardebatte im Abgeordnetenhauses über den Abschlussbericht des Sonderausschusses findet heute, am 17.01.2013, statt.

LINK zum Wasserbündnis-Brief an die Berliner Abgeordneten v. 14.01.2013
LINK zur AKJ-Stellungnahme (RA Olav Sydow) vom 21.12.2012
LINK zum Abschlussbericht des Sonderausschusses

Rückfragen an:
Thomas Rudek Tel.: 030 / 261 33 89 (AB) o mobil: 01578 / 59 261 89

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