Von der Abendschau in die Tagesthemen = Vom Regen in die Traufe?

Der Titel unterstellt, dass es Gründe gibt, die Schelte auf die Abendschau und ihre Berichterstattung über den Volksentscheid und die Wasserpolitik fortzuführen. Doch das ist nicht der Fall, denn in der Abendschau-Reportage „Teures Wasser“ von Jana Göbel wurde die zentrale Botschaft gut herausgestellt: Die Verträge gelten weiter und die Wasserpreise sinken nicht! Nach Angaben der Abendschau zahlen in Deutschland die Verbraucher durchschnittlich 441 € für Trink- und Abwasser, während in Berlin 555 € in Rechnung gestellt werden. Warum hingegen die Abgeordnete Heidi Kosche (Bündnis 90 / Die Grünen) mehrmals eingeblendet wurde und warum sie die Nichtwähler erwähnte, erschloß sich aus der Reportage nicht und wird ein Rätsel bleiben. Plant Frau Kosche vielleicht ein neues Volksbegehren? Dazu läßt sich nur sagen: Was wir brauchen, um die Verträge zu Fall zu bringen, sind lediglich einige Abgeodnete, die bereit sind, gegen die Verträge vor dem Verfassungsgericht mit einer ORGANKLAGE vorzugehen.

Auch was den Tagesthemen-Bericht „Berlin verzockt sich bei Teilprivatisierung der Wasserbetriebe“ von Esther Neumeier und Anke Hahn betrifft, haben die Wassertisch-Aktivisten Rainer Schmitz und Wolfgang Rebel es zum wiederholten Male weder verstanden, die Politik ins Fadenkreuz zu nehmen, noch auf die zentrale Bedeutung einer Organklage für eine kostengünstige Rekommunalisierung hinzuweisen. Statt dessen verweist Rainer Schmitz auf die Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamts – wohl wissend, dass diese die vertraglichen Gewinngarantien nicht außer Kraft setzt – und Wolfgang Rebel erzählt uns etwas von Medikamentenrückständen im Trinkwasser – ein Thema, das leider auch nichts mit den Möglichkeiten der Vertragsanfechtung zu tun hat. Statt über diese Blockadehaltung zu berichten wurde Werbung gemacht für das äußerst dubiose und fragwürdige Volksbegehren des Energietischs („aber es soll besser laufen als beim Wasser“).   Als dreist müssen Entgleisungen des Sprechers des Energietischs bewertet werden, wenn dieser behauptet: „Solche Konstruktion, wie die Wasserbetriebe waren oder nach wie vor sein werden, ist nicht das, was uns vorschwebt.“ Fest steht, dass das Volksbegehren des Energietischs darauf abzielt, einen neuen Stromanbieter im Markt zu etablieren, der seine Kunden zu 100 Prozent mit regenerativer Energie beliefert. Fest steht aber auch, dass Vattenfall dadurch nicht vom Berliner Energiemarkt verschwinden, sondern bestenfalls Kunden verlieren wird. Und auch die Sprecherin des Bündnis Partners „Bürger Energie Berlin“ führt den genossenschaftlichen Ansatz ad Absurdum, wenn sie klar und unmißverständlich zu erkennen gibt, dass „Gewinne in der Region bleiben“ sollen. Der Wasser-Volksentscheid ist in seiner Zielführung weiterführend: Gelingt die Vertragsanfechtung in einem 2-stufigen Verfahren (Organklage mit anschliessender zivilrechtlicher Nichtigkeitsklage), dann sind die Verträge als Geschäftsgrundlage der Teilprivatisierung nichtig. In diesem Fall müssten die Verträge rückabgewickelt werden, d.h. die erzielten Gewinne müßten mit dem ursprünglichen Investment verrechnet werden. Wie gemeinsam mit dem Bund der Steuerzahler und dem Verband Deutscher Grundstücksnutzer wie dem AKJ ermittelt wurde, hätten die RWE-Anteile um 400 Mio. Euro günstiger zurückgekauft werden können. Und letztendlich geht es darum, dass wir in Berlin Wasserbetriebe einen Eigenbetrieb wie Tarife bekommen, in denen nur die real anfallenden Kosten eingepreist sind, so dass am Ende des jährlichen Geschäftsbericht steht: „Als kostenrechnende Einrichtung erzielen die Wasserbetriebe für das Land Berlin keine Wertschöpfung.“

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ND 31.1.2013 Wasserkampf geht juristisch weiter. Von Martin Kröger

Wasserkampf geht juristisch weiter

Initiativen und Opposition erwägen, die Teilprivatisierung vorm Verfassungsgericht zu kippen

Um den Kampf ums Wasser wieder in Fluss zu bringen, lud der Berliner Wassertisch (Muskauer Straße) deshalb am Mittwochabend in die Westberliner Urania zur Veranstaltung »Warum Privatisierung kein Allheilmittel ist – oder sogar die Demokratie gefährden kann«. Mit dem ehemaligen Richter des Bundesverfassungsgerichts, Siegfried Broß, und dem ehemaligen Vizepräsidenten des Bundeskartellamts, Kurt Stockmann, war die Veranstaltung durchaus prominent besetzt.

Wobei der Schwabe Broß so etwas wie ein Hoffnungsträger der Berliner Privatisierungskritiker werden könnte. Der bekannte Jurist hat ermittelt, dass die Zahl staatlicher Beteiligungen allein auf Bundesebene von 985 im Jahr 1982 auf heute unter 100 zurückgegangen sind. »Vor etwa 30 Jahren ging es um den schlanken Staat, der dann allerdings doch zu magersüchtig wurde und den verfassungsrechtlichen Body-Mass-Index der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland verfehlte«, umreißt Broß das Problem.

Verstößt die Fehlentwicklung Privatisierung also gegen das Grundgesetz, weil die darin niedergelegten Grundsätze verändert wurden? Werden durch den Ausverkauf an Private das Sozialstaats- wie auch das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip unterlaufen? Juristische Fachbegriffe, die aber für den Berliner Fall Ansätze liefern könnten, doch noch gegen die Teilprivatisierung des Wassers vor das Verfassungsgericht zu ziehen. Diesen Weg präferiert derzeit vor allem der Landesvorsitzende der Linkspartei, Klaus Lederer, der diese Option »seriös checken« will. »Wir müssen jemanden wie Siegfried Broß finden, der vielleicht eine solche Klage wegen Verstoßes gegen das Demokratieprinzip vor das Verfassungsgericht übernimmt«, sagt Lederer. Zugleich gelte es, eine größere »Allianz« auch mit den Beschäftigten der Wasserbetriebe und den Gewerkschaften zu schmieden, um den Schwindel mit dem Teilrückkauf der RWE-Anteile durch den Senat aufzudecken.

Sollte es für eine Verfassungsklage gute Aussichten geben, wäre das auch eine Option für die Grünen, meint Heidi Kosche, die für die Partei im Abgeordnetenhaus sitzt. Gemeinsam mit den Piraten beschreiten die Grünen zunächst jedoch einen anderen juristischen Weg: Mit einer sogenannten Normenkontrollklage sollen die hohen Wassertarife zu Fall gebracht werden. Durch den Prozess gegen das Berliner Betriebegesetz, so der Plan, soll zudem der Diskussion zum Wasser neuen Schwung verliehen werden. Neben den juristischen Aspekten ist Kosche aber auch ein anderer Punkt wichtig: »Dass sich alle, die sich fürs Wasser interessieren, wieder zusammenraufen – und wie beim erfolgreichen Volksentscheid wieder an einem Strang ziehen.«“

KOMMENTAR Wasserbürger:

Lieber Martin Kröger,
warum schreiben Sie nur von der Normenkontrollklage und nichts über die Einschätzung von Prof. Broß, ob eine Normenkontrollklage gegen das Betriebegesetz eine geeignete „Waffe“ gegen die Verträge ist? Denn genau darum ging es im Volksgesetz: Um die Anfechtung der Verträge mit ihren Gewinngarantien für die Konzerne. Die Frage aus dem Publikum, ob Prof. Broß auch nur ein einziger Präzedenzfall bekannt sei, mit dem durch eine Normenkontrollklage privatrechtliche Verträge angefochten werden konnten, verneinte Prof. Broß. Wenn wunderts, denn – wie Prof. Broß ausführte – sind Normenkontrollklagen gegen Gesetze sehr eng an die Verfassung gebunden. Anders sind die Möglichkeiten einer Organklage durch Abgeordnete, wie sie vom „Arbeitskreis unabhängiger Juristen“ (AKJ) erarbeitet worden sind und entweder – wie auf der Veranstaltung totgeschwiegen werden – oder von Lederer im Abschlussbericht des Sonderausschusses durch fadenscheinige „Argumente“ abgebügelt werden. Nun denn: Das Wahlergebnis in Niedersachsen sollte eigentlich alle Alarmglocken auslösen… Statt zwei Jahre nach dem Volksentscheid sollte die LINKE endlich den Kontakt zum AKJ aufnehmen, um die Verträge auf Ihre Verfassungswidrigkeit untersuchen zu lassen.

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Wasserbürger bedanken sich bei der Berliner Zeitung und der Frankfurter Rundschau

Die Diskussion über die europäische Konzessionsrichtlinie nahmen Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau zum Anlass für einen  thematischen Brückenschlag von Brüssel nach Berlin. In einem Interview erinnert Thomas Rudek, dass Teilprivatisierungen wie Privatisierungen sich generell nur für einen auszahlen – und zwar unabhängig davon, ob Ausschreibungen stattgefunden haben oder nicht. Wer den Zuschlag erhält, kann im Bereich eines natürlichen Monopols Gewinne erzielen, die von den Verbrauchern oder vom Steuerzahler finanziert werden müssen. Die Wasserbürger bedanken sich bei der Redaktion der Berliner Zeitung für das Interview (Seite 2), das auch in der Frankfurter Rundschau auf Seite 3  veröffentlicht wurde. Besonders zu empfehlen sind auch die beiden anderen Berichte „Markt im Wasserglas“ und „Spanien: Konzerne auf Schnäppchenjagd“ (s.u.).

Die Wasserbürger sind verwundert über den Vorstoß der EU-Kommission und erinnern in diesem Zusammenhang an die beiden laufenden Beschwerdeverfahren, die im Sommer vorletzten Jahres gegenüber der Kommission von Transparency  International Deutschland und der Verbraucherzentrale Berlin in enger Zusammenarbeit mit dem „Arbeitskreis unabhängiger Juristen“ (AKJ) gegen die Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe initiiert worden sind. „Wir würden es begrüßen, wenn die Kommission unsere Beschwerdeverfahren zum Abschluss bringt“, so die Juristin Sabine Finkenthei vom AKJ. Und weiter: „Wir vertreten die Auffassung, dass die Berliner Teilprivatisierung mit ihren vertraglichen Gewinngarantien sowohl gegen das europäische Beihilferecht verstößt, als auch gegen das bereits bestehende europäische Ausschreibungsrecht. Das haben wir substanziell dargelegt. Der Aufforderung der Kommission, unser Beschwerdeverfahren mit weiteren Informationen zu untermauern, sind wir fristgerecht nachgekommen. Wir sind überzeugt, dass es ausreichend ist, wenn die Kommission dafür sorgt, dass das bestehende europäische Ausschreibungsrecht zur Anwendung kommt.“

LINK zur Pressekonferenz „Berliner Teilprivatisierung verstößt gegen EU-Recht“  mit Transparency International, der Verbraucherzentrale Berlin und dem AKJ

zum Interview: „Kosten auf die Bürger abgewälzt“ Von Thorkit Treichel in der Berliner Zeitung v. 25.1.2013, Seite 2, und der Frankfurter Rundschau, S.3

Link zum Artikel „Markt im Wasserglas“ von Andreas Damm und Peter Riesbeck aus der Frankfurter Rundschau vom 25. Jan. 2012

Spanien: Konzerne auf Schnäppchenjagd von Martin Dahms (FR v. 25. Jan. 2012)

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