Ein anderer Nachruf zum Tod von Wolfgang Clement
Ich kann mich noch gut an einen persönlichen Schlagabtausch mit ihm erinnern. Anläßlich des Tags der offenen Tür der Bundesministerien ließ Clement die Bürger und Journalisten lange warten und trudelte erst kurz vor Ende ein. Bürger waren kaum noch präsent im Gegensatz zu zahlreichen Journalisten, deren wachsende Ungeduld deutlich zu spüren war. Ich fragte einen der Journalisten, ob er Infos hätte, ob Clement uns heute noch die Ehre erweisen würde. Er sagte, ja, er würde gleich kommen und fragte, warum ich ihn gerne sehen würde. Ich antwortete, dass ich ihn gerne zu den 1-€-Jobs befragen würde. Der Journalist hielt kurz Rücksprache und kam dann zurück und machte mir den Vorschlag, dass ich mich ihnen anschließen sollte (so tun, als ob ich mit dazu gehöre). Wenn sich dann Clement für sein Statement vor den laufenden Kameras positioniert, würde ich einen kleinen Schubs erhalten und sollte ihm dann kurz & bündig meine Frage stellen. Und genauso lief es: Ich fragte Clement, was von dem Hinzuverdienst in Höhe von 1€ (in Berlin 1,50€) übrig bleiben würde, wenn die Fahrtkosten zum 1-€-Job mit dem öffentlichen Nahverkehr, die Kosten für die Arbeitsklamotten, Schuhe etc. abgezogen würden und ob der Restbetrag ausreichen würde, um eine private Rentenversicherung abzuschließen, damit man nicht im Rentenalter in die Altersarmut abrutscht. Clemento antwortete, dass er gar nicht wüßte, was ich habe, denn nun seien schließlich alle ehemaligen Sozialhilfeempfänger rentenversichert. 4 Jahre später wurde übrigens genau dieser Rentenversicherungsbetrag für Hartz-IV-Betroffene abgeschafft. Immerhin hat dieser kurze Schlagabtausch es ins Heute-Journal gebracht und es ist schade, dass viele Mut-Bürger ihren Unmut auf der Straße äußern, aber nicht den Tag der offenen Tür für wirksame Stör-Aktionen nutzen!
Die bewußt kalkulierten traumatischen Auswirkungen der Agenda-Politik hat die Journalistin Anna Mayr in ihrem Buch „Die Elenden“ vortrefflich beschrieben. Anna Mayr hat zwei erwerbslose Eltern (die alles andere als bildungsfern waren) und mußte als Kind und Jugendliche „dank“ Clement & Co. tagaus, tagein das Trauma erfahren, was es heißt nicht dazu zu gehören. Ein großartiges Buch. Für mich das beste Buch in diesem Jahr.
Übrigens hat Clement, der 80jährig an Lungenkrebs gestorben ist, sich natürlich als machtbesessener Soziopath nicht aus der Politik zurückgezogen. In letzter Zeit hatte er die FDP beraten. Vergleicht man Clement und Sarrazin, dann war Clement der größere Soziopath. Und dass er am Ende seines Lebens bei der FDP und dem EXIT-Spezialisten Lindner nicht nur gelandet, sondern auch mit offenen Armen aufgenommen worden ist, sollte zu denken geben.
Ein alter HERRscher weniger!