Aufgepaßt und nicht verwechseln: Fahrenheit 11/9 besser als Fahrenheit 9/11
Systemkritik des Ausnahmefilmemachers Michael Moore – aktueller & besser als je zuvor
Auf den ersten Blick erscheint es völlig unverständlich, dass Michael Moore (Bowling for Colombine) mit seinem letzten und besten Film „Fahrenheit 11/9“ das niedrigste Einspielergebnis in seiner Karriere erzielen konnte. Höchstwahrscheinlich ist das bedauerliche Ergebnis auf die Titelwahl zurück zu führen. In seinem älteren und mehrfach ausgezeichneten Film „Fahrenheit 9/11“ (2004) präsentierte Moore seine Recherchen über den Terroranschlag auf das World Trade Center. In „Fahrenheit 11/9“ (2018) geht es neben Trump vor allem um die Erosion der Demokratie und den alltäglichen Rassismus gegenüber den in die Armut getriebenen Bevölkerungsschichten, exemplarisch dargestellt am Beispiel der Umstellung der Trinkwasserversorgung auf hochgradig kontaminiertes Wasser aus einem kontaminierten Fluss in Flint (Bundesstaat Michigan). Als Rick Snyder als Notverwalter und Gouverneur eingesetzt wurde, beschloss dieser neben anderen Sparmaßnahmen die Trinkwasserversorgung Flints aus dem sauberen Huron-See zu ersetzen durch die Wasserentnahme aus dem kontaminierten Flint-River. Nachdem die Autoteile in einer von General Motors betriebenen Autoproduktionsanlage starke Korodierungseffekte aufwiesen, wurde für das Autowerk der Zugang zu der ursprünglichen Versorgungsquelle wieder hergestellt, nicht aber für die Bevölkerung Flints, obwohl dort Großteile der Bevölkerung Symptome einer schweren Bleivergiftung aufwiesen. Was diesen Film so sehenswert macht, sind die Details, angefangen von der enttäuschenden Rolle Obamas in diesem jahrelang andauernden Skandal bis zur Aussage einer „freigesetzten“ Mitarbeiterin des dortigen Gesundheitsamtes, die angewiesen wurde, bei den gemessenen Bleiwerten im Blutbild von Kindern und Schülern – größtenteils Afroamerikaner – immer den gesetzlichen Bleiwert zu notieren, obwohl die tatsächlich gemessene Werte um ein Vielfaches höher lagen.
Hoffnungsvoll stimmen in diesem Film die vorgestellten Widerstandsbewegungen von Schülern und Lehrern beispielsweise gegen den Waffenwahn in den USA. Auch die eingeblendeten Filmsequenzen über die Machtergreifung Hitlers scheinen keineswegs überzogen, sondern in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen (nicht nur in den USA) durchaus angemessen. Leider wurde dieser äußerst sehenswerte Moore-Film im ZDF am 2.7.20 zu nachtschlafener Zeit um 00.40 Uhr ausgestrahlt und ist nur bis zum 20.7.20 in der Mediathek des ZDF verfügbar. Doch möglicherweise ist der Film in ihrer Bibliothek vorhanden und ansonten kann er auch kommerziell erworben werden.
Zur aktuellen Situation:
„Nach einer Analyse der U.S. Environmental Protection Agency wurden zwischen 2012 und 2015 sind von 470 Tests an Schulen und Kindertagesstätten 350 mit zu hohen Bleiwerten aufgefallen. In den USA liegt der Grenzwert für Blei im Trinkwasser bei 0,015 Milligramm/Liter (Deutsche Trinkwasserverordnung: Grenzwert Blei 0,01 Milligramm/Liter). Dieses Ergebnis lässt vermuten, dass 20 Prozent der gesamten amerikanischen Trinkwasserversorgung den Grenzwert von Blei überschreitet… Die Amerikanische Umweltbehörde EPA schätzt, dass etwa 90.000 Schulen und eine halbe Millionen Kindertagesstätten nicht durch den Drinking Water Act geregelt sind, welcher vergleichbar mit der Deutschen Trinkwasserverordnung ist. Das liegt daran, dass kommunale Wasserversorger selbstverantwortlich sind und sie ihr Wasser selbst testen und nicht von den Bundesbehörden kontrolliert werden.“
https://www.worldtimes-online.com/news/371-flint-skandal-weitet-sich-aus-in-allen-us-staaten-ist-trinkwasser-mit-blei-verseucht.html