In Deutschland wird das Trinkwasser zum überwiegenden Teil aus dem Grundwasser gewonnen. Durch eine Intensivierung der Viehwirtschaft fällt eine Überproduktion an Gülle an, die zu einem nicht unerheblichen Teil als Düngemittel in der Landwirtschaft eingesetzt wird und zunehmend das Grundwasser belastet. Das beängstigende Ausmaß dieser Entwicklung hat die Kommission der EU veranlasst, gegenüber Deutschland die zweite Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens einzuleiten und Maßnahmen zur Einhaltung der EU-Nitratrichtlinie einzufordern.
In der ZDF-Reihe „planet e“ wurde am 19.7.2015 die sehenswerte Dokumentation „Zeitbombe im Trinkwasser“ von Michael Nieberg ausgestrahlt. Besonders beängstigend ist der Versuch, mit der umstrittenen Chemikalie PIADIN den Nitrat-Eintrag ins Grundwasser zu unterbinden. Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung in ihrer anstehenden Überarbeitung der Düngeverordnung den Einsatz von Chemikalien, deren gesundheitsgefährdende Wirkung nicht eindeutig ausgeschlossen werden konnte, untersagt und Verstöße strafrechtlich sanktioniert. Im Deutschlandradio äußerte sich in der Gesprächsreihe zu dem Thema „Der Bio-Boom und seine Folgen“ Friedrich Ostendorff, Öko-Landwirt und Agrarpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, sehr pointiert zu den Auswirkungen der Billigfleisch-Produktion und der Wasserqualität (O-Ton Ostendorff 2:42 Min).
Die Wasserversorger reagieren zur Zeit auf diese besorgniserregenden Entwicklungen hilflos: Entweder muss aus nicht belasteten Regionen unbelastetes Trinkwasser beigemengt werden, um den NitratGrenzwert von 50 Milligramm pro Liter zu unterschreiten oder es muss noch nicht belastetes Grundwasser aus tieferen Schichten gefördert werden.
Bereits am 28.4.2015 wurde im SWR2-Forum unter dem Titel „So ein Mist … Wohin mit Gülle und Dünger in Deutschland?“ das Thema mit Prof. Dr. Torsten Müller, Experte für Düngung und Bodenhaushalt, Universität Hohenheim
& Prof. Dr. Karin Holm-Müller, Ressourcen- und Umweltökonomik, Universität Bonn & Prof. Dr. Werner Wahmhoff, Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück unter der Gesprächsleitung von Werner Eckert eingehend diskutiert. Neben Vorschlägen zum Umbau von Stallungen zur Aufbereitung der Exkremente (Trennung von Feststoffen und Urin) wurde kritisch herausgestellt, dass die in den Verhandlungen der Düngeverordnung anvisierten Übergangsfristen für die landwirtschaftlichen Betriebe bis zum Jahr 2020 der Eilbedürftigkeit dieses Problems nicht gerecht wird. Besonders beängstigend war der Versuch von Torsten Müller gegen Ende der Sendung, die Gesundheitsgefährdung von Nitrat als „Schnee von gestern“ zu verharmlosen (O-Ton Müller 1:38 Min). Es ist dem Moderator Werner Eckert zu danken, dass er die unstrittigen Umweltbelastungen einer Nitrat-Überdüngung herausstellte.
Thomas Rudek
Interessengemeinschaft für Demokratie, Bürgerbeteiligung und Transparenz (IG DeBüT)