Bereits während des Wahlkampfes spielte das Thema „Bürgerbeteiligung“ so gut wie keine Rolle. Und als am 8. Oktober in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften die Wochenzeitschrift DIE ZEIT interessierte Bürger zu der Veranstaltung „Wo ist das Volk?“ einlud, lieferte bereits die Auswahl der Podiumsgäste ein erstes Indiz, dass an einer ernsthaften Diskussion dieses Themas kein wirkliches Interesse bestand*. Auch während der Podiums-Diskussion erwähnte niemand, dass sich immer mehr Bürger organisieren, um im Rahmen der direkten Demokratie das Gesetzgebungsverfahren eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen, statt es den Lobbyisten, Winkeladvokaten und Erfüllungsgehilfen zu überlassen. Entsprechend forderte keiner der Podiumsgäste, dass Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene auch zum Gegenstand der Koalitionsgespräche erhoben werden müsste. Ob Prof. Friedrich von Borries, Prof. Herfried Münkler, Marina Weisband (ehemalige GF der Piratenpartei), Juli Zeh (Schriftstellerin) oder die Moderatoren Ulrich Blumenthal vom Deutschlandfunk und Andreas Sentker von der ZEIT, allen Diskussionsteilnehmern kann nur eines weniger bescheinigt als attestiert werden: Wer seine Redebeiträge an den bestehenden politischen Entscheidungsstrukturen kreuzbrav und kritiklos ausrichtet, dem fehlt es entweder an kritischem Bewußtsein oder an intellektueller Leuchtkraft – möglicherweise auch an beidem. Doch wie schrieb bereits der Aphoristiker Gabriel Laub so treffend: „Fantasie ist etwas, was sich manche Menschen gar nicht vorstellen können“, wobei im Falle dieser Veranstaltung dieses Zitat zu korrigieren ist: … nicht vorstellen sollen. Statt intellektuelle Leuchtkraft auszustrahlen wird intellektuelle Blindheit zur Richtschnur erklärt. Doch überzeugen Sie sich selbst. Hier können Sie die Veranstaltung nachhören (LINK zur Sendung).
* Weder wurde ein Vertreter des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“ noch ein Vertreter eines bereits gewonnenen Volksentscheides eingeladen. Auch verwiesen die Podiumsteilnehmer, soweit diese in Berlin leben bzw. arbeiten, bedauerlicherweise nicht auf die zur Zeit laufenden Volksbegehren (100% Tempelhofer Feld) bzw. laufenden Volksentscheide (Berliner Energietisch).