Von Joachim Fahrun
Aus Sicht der Kritiker bedeutet der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts in Münster, wonach die Berliner Wasserbetriebe eben nicht unbehelligt von den Kartellbehörden ihre Preise allein nach Landesrecht festlegen dürfen, eine „böse Schlappe“ für das zu 51 Prozent landeseigene Unternehmen. „Es wird immer deutlicher, dass wir zehn Jahre lang überhöhte Wasserpreise bezahlt haben“, sagte Heidi Kosche (Grüne). In den Rechtsstreitigkeiten gewännen „immer die, die das von Anfang an angeprangert haben“.
Die Richter aus Nordrhein-Westfalen, die wegen des Sitzes des Bundeskartellamtes in Bonn für die Verfahren zuständig sind, hatten festgestellt, dass der Streit über die Berliner Wasserpreise wie andere Verfahren um möglicherweise missbräuchlich festgelegte Preise vor dem Kartellsenat des Düsseldorfer Oberlandesgericht ausgetragen werden müssen. Damit ist die Zuständigkeit des Kartellamtes für die Überwachung der Berliner Wasserpreise bestätigt worden. Thomas Rudek, Mitinitiator des erfolgreichen Volksentscheides von 2011 zum Thema Wasser, sagte, das Bundeskartellamt solle nicht nur die Trinkwasserpreise untersuchen, sondern sich auch den Tarifen für Abwasser zuwenden und diese kritisch überprüfen. Er freue sich zwar über das Urteil, sagte Rudek. Aber das eigentliche Problem, die Gewinngarantien für die privaten Miteigentümer der Berliner Wasserbetriebe, RWE und Veolia, werde über das Bundeskartellamt nicht gelöst. Er fürchte, dass niedrigere Wasserpreise allein zulasten des Berliner Landeshaushaltes und somit des Steuerzahlers gehen würden, während die Privaten durch die Regeln des Konsortialvertrages vor Gewinneinbußen geschützt seien.
Juristen aus dem Umfeld der Bürgerinitiativen, die 2011 insgesamt 665.000 Berliner dazu brachten, für eine Offenlegung der Verträge und gleichzeitig eine andere Wasserpolitik zu stimmen, wollen die Konsortialverträge wegen der darin festgelegten Bevorzugung der Privaten grundsätzlich für unwirksam erklären lassen. In einer Antwort auf eine Anfrage der Piratenfraktion zu diesem Thema erklärte die Finanzverwaltung jedoch, sie halte die Verträge nicht für nichtig oder unwirksam. Der Senat habe auch nicht die Absicht, dieses geltend zu machen.
Mit dieser klaren Aussage, dass der Senat nichts unternehmen werde, haben die Kritiker nach Ansicht Rudeks nun freie Bahn, im Laufe der nächsten sechs Monate mit einer Organklage von Mitgliedern des Berliner Abgeordnetenhauses gegen die Konsortialverträge vor das Berliner Landesverfassungsgericht zu ziehen. „Indem der Senat erklärt, dass er untätig bleiben will, läuft für uns die Zeit“, sagte Rudek.