2.7.2012, 14.05 Uhr, dlf (campus & karriere): Russland privatisiert seine Hochschulen v. Gesine Dornblüth

Malkurse und Schmiergeld

In Russland treibt die Kommerzialisierung der Bildung wilde Blüten

Von Gesine Dornblüth

Zu Sowjetzeiten war Bildung kostenlos. Schon in 90er-Jahren aber wurden privat-kommerzielle Schulen und Hochschulen zugelassen. Seit 1. Juli gilt nun das Gesetz Nr. 83, das die Finanzierung staatlicher Einrichtungen erheblich einschränkt. Kommt eine Hochschule mit den Zuschüssen nicht aus, muss sie sehen, wie sie zu Geld kommt.

Eine Protestkundgebung in Moskau. Parteifahnen wehen. Mittendrin fordert ein Häuflein junger Leute in Sneakers und T-Shirts kostenlose Bildung. Mit dabei Artjom Chramow, Vorsitzender der Studentenunion, einer russlandweiten unabhängigen Vertretung von Abiturienten, Studierenden und Doktoranden.

„Die Kommerzialisierung der Bildung führt dazu, dass wenige Leute viel Geld verdienen. Unsere Universitäten und Hochschulen sind zu Sparbüchsen verkommen. Unsere Rektoren tun alles Erdenkliche, um sich zu bereichern. Der Rektor der Staatlichen Universität in St. Petersburg zum Beispiel verdient 85 Millionen Rubel im Jahr.“

Das sind umgerechnet zwei Millionen Euro; russische Professoren dagegen erhalten im Schnitt 6000 Euro im Jahr.

„Die Studiengebühren sind in Russland manchmal höher als in der EU. Auch deshalb schicken viele Eltern ihre Kinder lieber zum Studium in den Westen. Zumal sie für das Geld dort bessere Qualität bekommen.“

Dazu kommen Schmiergeldzahlungen. Schüler bestechen die Lehrer bei den Abschlussprüfungen, Hochschullehrer halten die Hand auf, Rektoren, Institutschefs. Das alles ist illegal, aber weit verbreitet. Studierende, die einen kostenlosen Studienplatz ergattert haben, berichten, dass die Dozenten ihnen kostenpflichtige Zusatzkurse aufzwingen und das Geld in die eigene Tasche stecken…“

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