Versteigerung von Brandenburger Gewässern – Wem gehört der See?
Wer entscheidet, ob ein See touristisch wertvoll ist?
Der Verkauf des Wandlitzsees gilt der Landesregierung in Potsdam als Sündenfall. Was, wenn demnächst der nächste Badesee versteigert wird und der Käufer ihn einfach abriegelt? Um so etwas zu verhindern, will die Landesregierung nun möglichst viele Seen kaufen. Aber nicht alle 145, die auf der Liste des Bundes stehen, sondern nur solche, die sie als touristisch wertvoll einstuft.
Aber wer entscheidet, ob ein See es wert ist, vom Land gekauft zu werden, um ihn für die Allgemeinheit zu sichern?…
…Der Mellensee, 50 Kilometer südlich von Berlin, steht ganz oben auf der Einkaufsliste des Landes, und daran hat auch Carsten Preuß seinen Anteil. Preuß ist Mitarbeiter im Umweltamt des Kreises Teltow-Fläming, 49 Jahre alt, parteiloser Fraktionsvorsitzender von SPD und Linken in Zossen. Bei einem Spaziergang zeigt er auf einen kleinen Engel, Teil eines aufwändigen Ornaments im Putz einer Villa am Ufer des Mellensees. In dieser Region sind die Häuser meist eher schlicht, aber hier am Ufer überbieten sie sich an Prunk und Gediegenheit. Der Aufstieg des Ortes begann, als ab 1875 die Bahn nach Berlin fuhr. Ton, Ziegel und Holz gingen in die Hauptstadt, im Gegenzug kamen Ausflügler. Die Unternehmer im Ort wurden reich und bauten Prachtvillen…
…Carsten Preuß kämpft aus Überzeugung gegen die Privatisierung der Seen im Land. „Die Gemeinde Wandlitz musste fürs eigene Strandbad 60.000 Euro an den neuen Seebesitzer zahlen“, sagt er. „Das könnten wir uns hier gar nicht leisten.“ Der See hat zwei große offizielle Strände und viele wilde. „Es gibt in der ganzen Region nicht eine Badestelle, die sich rechnet.“
Für einen Politiker hat Preuß eine sehr bedachte Art, redet fast zurückgenommen. Er lässt lieber Fakten sprechen, bei ihm sind es 110.000 Protestunterschriften gegen die Privatisierung der Seen. Als überall über den Wandlitzsee debattiert wurde, ging auch am Mellensee die Angst um, er könnte privatisiert werden, und Preuß engagierte sich. Nächtelang schrieb er Mails an Umweltgruppen, Parteien, an Grundstücksbesitzer, Angler, Segler, Taucher, an Surfer…
Ihr Protest sollte den Bundestag zu einer Debatte zwingen – mit dem Ziel, dass die einst volkseigenen Seen nicht verkauft, sondern den Ländern kostenlos übertragen werden. „Die Bundesrepublik hat sie doch einfach nur von der DDR geerbt.“ Außerdem, sagt Preuß, bringen die Seen vor allem Ärger, aber kaum Geld. Nach 1990 verdiente der Staat mit dem Seenverkauf gerade mal 15 Millionen Euro, mit Äckern und Wäldern dagegen mehr als vier Milliarden.
Preuß hat keine privaten Gründe für sein Engagement, er wohnt ein paar Kilometer entfernt vom Mellensee. Es ist auch nicht sein Lieblingssee – der ist viel kleiner und weit weg. Für ihn geht es ums Prinzip. Er erzählt, wie beglückend die Protestaktionen waren. Ständig meldeten sich neue Unterstützer bei ihm. Einmal kam sogar eine Schweizerin extra aus Berlin angeradelt, um Unterschriften abzugeben, die sie in Kreuzberger Kneipen gesammelt hatte. „Die Anstrengung hat sich gelohnt“, sagt Preuß. „Wir haben ein Problem öffentlich gemacht, das richtig viele Leute aufregt.“
Aber trotz der vielen Unterschriften war der Bundestag nicht bereit, die Seen zu verschenken. Immerhin wurde der Verkauf gestoppt und mit Brandenburg verhandelt. Etwa vier Millionen Euro wird das Land nun wohl für das Seenpaket zahlen müssen. „Das sind doch eher Peanuts, wie es in der Sprache der Geldwirtschaft heißt“, sagt Preuß. Jedenfalls gemessen an dem Wert, den all die Seen für das Allgemeinwohl hätten. Preuß schaut zufrieden in die Sonne. Jetzt fehlt nur noch Badewetter.“