Niedrige Repräsentationsquote beweist:
Verbindlicher Dialog mit Zivilgesellschaft ist unverzichtbar
Berlin, 27.09.2011. Vom Repräsentationsanspruch der parlamentarischen Demokratie bleibt immer weniger übrig.(1)
Nachgerechnet und bereinigt um die ungültigen Stimmen wie dem Stimmenanteil für die Parteien, die an der 5 %-Hürde gescheitert sind, repräsentiert das Abgeordnetenhaus Berlin von allen Wahlberechtigten nur knapp mehr als die Hälfte. Entsprechend düster sieht die Repräsentationsquote für die Berliner Regierung aus: Ein SPD-CDU Senat würde 30,5 % der Berliner „repräsentieren“, während der zukünftige rot-grüne Senat auf eine
Repräsentationsquote von 27,1 % kommt. Hätte der Senat sich aus einer rot-grün-roten Koalition zusammengesetzt, dann würde diese Konstellation immerhin 34 % der Wahlberechtigten repräsentieren.
Die Schlussfolgerungen liegen auf der Hand: Abgeordnetenhaus wie der Senat sollten den Dialog mit der betroffenen Zivilgesellschaft auf gleicher Augenhöhe suchen. Dieser Dialog darf nicht nur auf „Zukunftsfelder“ beschränkt werden, sondern muss auch auf Problem- und Konfliktfelder ausgeweitet werden. Mit der Entwicklung und Verbesserung der Einflussmöglichkeiten im Rahmen der direkten Demokratie sind in der zurückliegenden Legislaturperiode erste Schritte in die richtige Richtung unternommen worden. Handlungsbedarf besteht in der Zusammenarbeit sowohl im Vorfeld wie in der Nachbereitung von Volksbegehren und Volksentscheiden. Bezugnehmend auf den ersten erfolgreichen Volksentscheid in Berlin vom Februar dieses Jahres entsteht der Eindruck fest gegenüber stehender Fronten. Konsequenzen, die sich aus der Offenlegung der Wasserverträge ergeben, spielten während des Wahlkampfs ebenso wenig eine Rolle wie die Frage nach den Möglichkeiten einer kostengünstigen Rekommunalisierung. Dabei haben Initiatoren der Zivilgesellschaft Antworten auf diese Fragen. Erst jüngst hat ein Arbeitskreis unabhängiger Juristen einen Leitfaden vorgestellt, der aufzeigt, wie die
Verträge von den Abgeordneten juristisch über ein Organstreitverfahren angefochten werden könnten. Der Verfasser des Volksgesetzes hat außerdem fiskalpolitische Möglichkeiten aufgezeigt, wie trotz Schuldenbremse und Haushaltsverschuldung eine Rekommunalisierung finanziert werden könnte, ohne dass dies zu Lasten anderer Bereiche erfolgt!
Ob diese Überlegungen auch in die Koalitionsverhandlungen einfließen, wird sich zeigen. Im Koalitionsvertrag des alten Senats war die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe immerhin noch als Zielvorgabe niedergeschrieben. Es bleibt zu hoffen, dass die neue Koalition von dieser Zielsetzung nicht ablässt. Nun ist Papier geduldig. Damit Zielvorgaben auch für das operative Regierungsgeschäft eine Relevanz erhalten,
wären alle Fraktionen des Abgeordnetenhaus und der Senat gleichermaßen gut beraten, mit jenen Vertretern der Zivilgesellschaft in den öffentlichen Dialog zu treten, die zielführende Antworten zur Diskussion stellen. Solche Antworten befinden sich auf dem Portal der „Berliner Wasserbürger“ unter www.wasserbuerger.de. Dort sind sowohl die Ergebnisse des Arbeitskreises unabhängiger Juristen zur Anfechtung der Wasserverträge einsehbar als auch Überlegungen, wie eine kostengünstige Rekommunalisierung fiskalpolitisch umgesetzt werden könnte.
Kommt es nicht zu dem gleichberechtigten Dialog, bleibt als Ultima Ratio der Start eines neuen Volksbegehrens zur kostengünstigen Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe, mit dem die Berliner darüber entscheiden, wie viel bzw. wie wenig die Konzerne RWE und Veolia für ihre Anteile an der Holding AG erhalten. Die Vorarbeiten für das neue Volksbegehren sind nahezu abgeschlossen.
(1) Von 2.469.702 Wahlberechtigten haben sich an den Wahlen zum Abgeordnetenhaus 1.486.616 Bürger beteiligt. Das sind 60,2 %. Von diesen 1.486.616 abgegebenen Stimmen finden 172.279 Stimmen keine Berücksichtigung, weil die abgegebenen Stimmen entweder ungültig oder die gewählten Parteien an der 5 %-Hürde gescheitert sind. Das sind gemessen an der Zahl der abgegebenen Stimmen 11,59 %! Gemessen an der Zahl der Wahlberechtigten sind es 6,98 %. Das Abgeordnetenhaus repräsentiert demzufolge 1.314.337 wahlberechtigte Berliner, das sind 53,2 %.
Ansprechpartner
für den Leitfaden „Nichtigkeit der Berliner Wasserverträge und ihre Geltendmachung“
vom Arbeitskreis unabhängiger Juristen:
Sabine Finkenthei (Volljuristin und Gutachterin)
Tel.: 030 / 693 08 42 – Mobil: 0176-25213726
E-Mail: S.Finkenthei@gmx.de
für das Konzept zur Finanzierung einer kostengünstigen Rekommunalisierung und das
neue Volksbegehren:
Thomas Rudek
Tel.: 030 / 261 33 89 (AB) – Mobil: 01578-5926189
E-Mail: ThRudek@gmx.de