Berlin, das Trinkwasser, mikrobakterielle Belastungen und die Teilprivatisierung
Berlin, 04.08.2011. Vor einem Jahr wurde auf eine Initiative Boliviens in der UN-Generalversammlung das Menschenrecht auf Trinkwasser und eine sanitäre Grundversorgung beschlossen. Rechtzeitig zu diesem 1-jährigen Jubiläum erinnern die dramatischen Vorfälle in Berlin und in Brandenburg, dass auch in diesen Regionen die Trinkwassersicherheit keinesfalls gewährleistet ist. Wie gestern auf einer Pressekonferenz zu erfahren war, wird das Trinkwasser immer noch chloriert.
Bereits anlässlich der Ehec-Epidemie brachten die Recherchen von 4 Journalisten des Spiegels in dem Artikel „Unrat im Trinkwasser“ erschreckendes ans Tageslicht: Bisher konzentrierte sich die Wissenschaft und Politik vor allem darauf, die chemikalischen Belastungen in Gewässern zu reduzieren. Gänzlich vernachlässigt wurde die mikrobakterielle Belastung. So wird in dem Spiegel-Artikel der Bonner Hygieneexperte Thomas Kistemann zitiert, der kritisiert, „dass im Abwasserrecht bis heute keine Richtwerte für mikrobielle Belastungen festgelegt sind„. Feinporige Membranen, die Bakterien zurückhalten, würden aus Kostengründen nicht eingesetzt, so der Abwasserexperte Ulr Theilen aus Gießen, zitiert im Spiegel.
Ob Ehec-Keime oder coli-Bakterien, die Verunreinigungen zeigen, dass die Herausforderungen an die Trinkwassersicherheit wie die Abwasserreinigung durch zahlreiche Faktoren wie Klimawandel, Bevölkerungsentwicklung oder die Überalterung der Gesellschaft steigen werden. Ob die Beteiligung privater Investoren wie im Fall der teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe bei der Bewältigung dieser Herausforderungen hilfreich sind, darf bezweifelt werden. Den Spandauern in Berlin war es jedenfalls keine Hilfe, dass die technische Leitung der Wasserbetriebe in den Händen der Privaten liegt. Und auch die kaufmännische Leitung, die ebenso in den Händen der Privaten liegt, wird mehr auf die Gewinne achten als auch die Gesundheit der Verbraucher. Letztendlich liegt es in den Händen aller Berliner zu entscheiden, ob sie in Zukunft chloriertes Leitungswasser zu sich nehmen wollen, oder ob sie Wert darauf legen, dass mit Hilfe hochwertiger Filtrationsverfahren ein Trinkwasser von herausragender Gütequalität in der Hauptstadt geboten wird.
Mäkrische Allgemeine: dpa-Meldung Wasserbetriebe untersuchen Brunnen – Suche nach Keimen wird fortgesetzt
Tagesspiegel: Trinkwasser in Spandau Im Kreis der Verdächtigen von Stefan Jacobs
Belriner Morgenpost: Keime im Wasser – so sucht Berlin die Ursache von Markus Falkner und Andreas Gandzior
s. die dlf-Reportage „Die Spur der Keime“
s. die ZDF-Reportage „Nitrat im Trinkwasser“ v. 17. Juli: Nitrate, Pestizidrückstände oder Antibiotika, allesamt Stoffe, die gesundheitsgefährdend sind und nicht ins Wasser gehören. Doch überall dort, wo intensive Landwirtschaft betrieben wird, sorgen Pflanzenschutzmittel und die Düngung mit Gülle fast zwangsläufig für eine großflächige Belastung des Wassers.
s.a.das Interview in der “Süddeutschen Zeitung” von Katrin Blawat mit dem Titel “Chlor im Trinkwasser – Mit Chemie gegen den Dreck” hier zum nachlesen lesen.
Und weiterführendes unter http://berliner-wasserbuerger.de/?p=788
Thomas Rudek
Sprecher des ersten gewonnen Volksentscheids in Berlin zur Offenlegung der Geheimverträge bei den teilprivatisierten Berliner Wasserbetrieben
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