Beitragsreihe zur Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe im ND

Die Tageszeitung „Neues Deutschland“ hat verschiedenen Gastkommentatoren die Möglichkeit eröffnet, ihre Sichtweise zum Thema der Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe darzustellen.

Diese Reihe eröffnete der ehemalige Wirtschaftssenator Harald Wolf am 21.08.2012 mit seinem Beitrag „Kampf um Berliner Wasser – Ende gut, alles gut?“. Wolf bemängelt, dass eine „klare Strategie des Senats für die Zukunft des Unternehmens und der Wasserpreise … bislang nicht zu erkennen“ ist. Für Wolf müssten „die Verzinsung des sogenannten betriebsnotwendigen Kapitals gesenkt werden, die Abschreibungszeiträume müssen auf ein branchenübliches Maß verlängert und das überbewertete Anlagevermögen realistisch neu bewertet werden.“ Und natürlich muss auch „die garantierte Verzinsung und die Ausgleichspflicht des Landes gegenüber den Privaten … abgeschafft werden.“ Die Frage nach dem Wie, nach der Umsetzung dieser „Gesamtstrategie“  bleibt Harald Wolf den Lesern leider genauso schuldig, wie die Antwort auf die Frage, warum Harald Wolf diese Vorschläge nicht zu „seiner“ Zeit als WIrtschaftssenator beherzt umsetzte.

Auch die grüne Abgeordnete Heidi Kosche hat in ihrem Gastkommentar „Rückkauf: Ist das Wasserglas halb voll oder halb leer?“ vom 27.8.2011 außer Kritik nichts zu bieten. Nicht, dass ihre Kritik an den Rückkaufplänen nicht berechtigt wäre. Doch allein die Fähigkeit, Kritik zu äußern, begründet keine Garantie, dass die Kritik auch befähigt, eine kostengünstige Rekommunalisierung zu verwirklichen und für kostendeckende Wassertarife zu sorgen. Überzeugende Ansätze, die in diese Richtung weisen, sucht man in diesem Kommentar leider vergebens.

In dem Gastkommentar „Goldener Handschlag für die Wasser-Investoren?“ des Sozialwissenschaftlers Frank Hüesker, der auch seine Doktorarbeit zu den Folgen der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe 2011 veröffentlichte, wird.zurecht herausgestellt, dass bei den gegenwärtigen Rückkaufplänen die teilprivatisierten Entscheidungsstrukturen nicht angetastet werden, so dass sich die (rhetorische) Frage stellt: „lässt sich daher überhaupt von einer Rekommunalisierung im Sinne einer wirklichen Umkehr von Privatisierung und Kommerzialisierung sprechen?… Auch die jüngsten Vorgaben des Bundeskartellamtes, die Berliner Wassertarife zu senken, ändern nichts daran, dass die der BWB Anstalt öffentlichen Rechts übergeordnete Berlinwasser Holding AG einen einklagbaren Anspruch auf die sogenannte »de facto Gewinngarantie« hat.“ Allerdings verwundern die Schlußfolgerungen dieses Wissenschaftlers, die – zusammengefaßt – darauf hinauslaufen, alles so zu belassen, wie es ist: „Wenn die einzige Alternative zur Teilprivatisierung der goldene Handschlag für die Profiteure der skandalösen Privatisierungsvereinbarungen von 1999 ist – was spricht gegen das Abwarten auf das Auslaufen der Verträge bei gleichzeitigem öffentlichen Druck und Kontrolle auf die privaten Anteilseigner?“

Am 1.10.2012 wurde auch dem Verfasser des Volksgesetzes, Thomas Rudek, dankenswerter Weise die Möglichkeit eröffnet, in dem Kommentar „Die Wasserbetriebe via Klage günstig rekommunalisieren“ konkret die strategische Option einer kostengünstigen Rekommunalisierung aufzuzeigen. Im Gegensatz zu Hüesker wird aufgezeigt, dass der jetzt veröffentlichte Teilprivatisierungsvertrag als öffentlich zugänglicher Sprengstoff zu verstehen ist, der lediglich zur Zündung gebracht werden muss. Auch die Zündschnurr und Sprenganleitung, wie mit einer ORGANKLAGE gegen die Verträge vorgegangen werden kann, wurde durch den „Arbeitskreis unabhängiger Juristen“ erarbeitet und publiziert. Und es ist bezeichnend, dass im Streit um offene Rechtsfragen allerlei Stellungnahmen eingeholt werden, aber die politisch verantwortlichen Funktionsträger sowohl der Regierungs- wie der Oppositionsfraktionen all ihre Anstrengungen vor allem darauf ausrichten, eines zu verhindern: Die Anfechtung der Verträge mit einer Organklage vor dem Verfassungsgericht.

Am 13.10.2012 erhielt schließlich auch der Politkwissenschaftler und Wassertisch-Aktivist Matthias Behnis die Gelegenheit, unter dem Titel „Wasser-Rekommunalisierung geht nur mit Demokratisierung“ seine Sicht darzustellen. Wer sich mit der rigiden Ausgrenzungs- und Spaltungspolitik, an der sich auch Herr Behnis aktiv beteilgt hat, auseinandergesetzt hat, der wird sich nicht wundern, dass die Darstellung von Herrn Behnis mehr irreführend als erhellend ist. Seine Schuldzuweisungen an die Vertreter der Koalitionsfraktionen mögen noch durch seine interessenspolitische Befangenheit als Mitarbeiter der grünen Abgeordneten Heidi Kosche erklärt werden können, sein Klagelied auf die Frustration ist es nicht, hat er doch selbst durch sein intrigantenhaftes Verhalten und durch seine selektive Informationspolitik dazu maßgeblich beigetragen. Seine Schlußfolgerung: „All das stärkt die leidliche Einsicht, dass der außerparlamentarische Druck der vergangenen Jahre, von Seiten der Bevölkerung, von der Straße zu wenig gebracht hat.“ Als der Verfasser des Volksgesetzes und Gründer der Wasserbürger unmittelbar nach dem Erfolg den Vorschlag einbrachte, mit einem neuen Volksbegehren gleich wieder Feuer ins Öl zu gießen, votierte Behnis nicht nur gegen diesen Vorstoß, sondern unterstütze den Ausschluß der Wasserbürger. Doch damit nicht genug: Wenn Matthias Behnis abschließend empfiehlt, den Blick über den Berliner Tellerrand nach Paris zu werfen, wird die Irreführung gesteigert: In Paris hat man gewartet, bis die Konzessionsverträge mit Veolia ausgelaufen sind und diese dann weder verlängert noch erneuert. Folgt man diesem Beispiel von Herrn Behnis, dann können wir noch bis zum Jahr 2028 warten. Mit solchen irreführenden Vorschlägen produziert man in der Bevölkerung nur eines: Frustration, aber keinen Druck!

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