PM 30.08.2012: Wasser-Bündnis Appell: „Kein Rückkaufvertrag ohne Preisanpassungsklausel“ – Vorwürfe des Finanzsenats haltlos

Pressemitteilung
Wasser-Bündnis appelliert an Abgeordnete:
„Kein Rückkaufvertrag ohne Preisanpassungsklausel“
Wasser-Bündnis weist Vorwürfe des Finanzsenats als haltlos zurück

Berlin, d. 30.8.2012. Anlässlich der bevorstehenden Beratungen des Rückkaufvertrages, mit dem das Land Berlin die RWE-Anteile an den teilprivatisierten Berliner Wasserbetrieben für 654 Mio. € zurückkaufen will, haben Mitte August der Verband Deutscher Grundstücksnutzer, der Bund der Steuerzahler Berlin, der Arbeitskreis unabhängiger Juristen, die Berliner Wasserbürger und der Schriftsteller Ingo Schulze einen offenen Brief an die Berliner Abgeordneten verfasst (1) und darum gebeten, beim Rückkaufvertrag eine Preisanpassungsklausel zu berücksichtigen, die zur Anwendung kommen kann, falls die Teilprivatisierungsverträge gerichtlich für nichtig erklärt werden.

Die Verfasser rechnen in dem Schreiben des Weiteren vor, dass sich ein Erfolg bei einer gerichtlichen Anfechtung der umstrittenen Teilprivatisierungsverträge auch für das Land Berlin auszahlen würde. Je nachdem, ob ein derzeit laufendes Schiedsverfahren berücksichtigt werden würde, beliefe sich im Falle der Nichtigkeit der Verträge die zu zahlende Gewinnbeteiligung für jeden der beiden privaten Investoren auf lediglich 251,5 bzw. 336,3 Mio. Euro. Ein Rückkauf des RWE-Anteils für 650 Mio. Euro würde den Haushalt hingegen deutlich stärker belasten.

Die Verwaltung des Finanzsenators reagierte sofort ihrerseits mit einem Schreiben an das Abgeordnetenhaus, welches uns aus der Mitte des Abgeordnetenhauses zur Verfügung gestellt wurde (2). Der Finanzsenat empfahl „von einer Detailauseinandersetzung mit der behaupteten Höhe der Rückabwicklungskosten abzusehen“. Der Finanzsenat behauptet, die von uns geforderte Preisanpassungsklausel sei „wirklichkeitsfremd“. Auf diese und andere Vorhaltungen reagierten wir wiederum mit einem zweiten offenen Brief an das Abgeordnetenhaus (3).

Hierzu Sabine Finkenthei vom Arbeitskreis unabhängiger Juristen (AKJ): „Warum fürchtet der Senat eine Preisanpassungsklausel für den Fall der Nichtigkeit der Teilprivatisierungsverträge? Wenn der Finanzsenat und die privaten Anteilseigner davon überzeugt sind, dass die Teilprivatisierung rechtssicher ist, dann brauchen sie weder das von uns empfohlene Organstreitverfahren noch eine anschließende Nichtigkeitsklage zu befürchten und können für diesen Fall die Preisanpassungsklausel im Rückkaufvertrag berücksichtigen. Doch diese hartnäckige Weigerung bekräftigt unsere Auffassung, dass die Teilprivatisierungsverträge juristisch anfechtbar und wir auf dem richtigen Weg sind“.

Alexander Kraus vom Bund der Steuerzahler betont, „dass das Land Berlin allen Anlass hat, angesichts der desolaten Haushaltslage mit allen Mitteln darauf zu dringen, einen möglichst geringen Kaufpreis zahlen zu müssen. Verzichtet der Senat auf eine solche Klausel, dann ist zu befürchten, dass die Nutzung dieser selbstverständlichen Option einer Kaufpreisanpassung nach unten kaum noch möglich sein wird!“

„Als es 1999 darum ging, den privaten Anteilseignern Gewinne in Geheimverträgen mit einer unbefristeten Laufzeit zu garantieren, gab es von Seiten der Landesregierung keine Bedenken. Wenn jetzt im Parlament ein viel zu teurer Rückkaufvertrag im Schnellverfahren unter Dach und Fach gebracht werden soll, und die Bürger gegen diesen Vertrag und dieses Verfahren nicht nur Bedenken äußern, sondern zugleich auch einen besseren Lösungsvorschlag anbieten, dann werden diese Bedenken von der Regierung selbstherrlich zur Seite geschoben. Dabei geht es um viel, denn durch den Verzicht auf eine Preisanpassungsklausel würden alle möglichen juristischen Schritte gegen die Teilprivatisierung ins Leere laufen. Das darf nicht geschehen! Die Fehler der Teilprivatisierung  der privaten Vorteilsnahme zu Lasten der Allgemeinheit dürfen sich bei dem Rückkauf nicht wiederholen“, so der Schriftsteller und Direktor der Sektion Literatur der Akademie der Künste Ingo Schulze.

Für Thomas Rudek, den Verfasser des Volksgesetzes zur Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge, eröffnet die Diskussion um den Rückkaufvertrag und die alternative Option der Rückabwicklung der Privatisierungsverträge eine weitere Möglichkeit, die Rekommunalisierung schnell und zügig zu einem Abschluss zu bringen: „Fest steht, dass wir die Anteile der privaten Anteilseigner RWE und Veolia nicht zum 0-Tarif bekommen werden. Es gibt drei Beträge, die im Raum stehen: Über den vom Senat favorisierten Rückkauf würde jeder der privaten Anteilseigner etwas über 650 Mio. € erhalten, während über eine gerichtliche Rückabwicklung der Teilprivatisierungsverträge jeder Anteilseigner lediglich 251,5 bzw. 336,3 Mio. Euro erhalten würde. Um zeitaufwendige Gerichtsverfahren zu vermeiden, könnte das Berliner Abgeordnetenhaus mit einem Gesetz zur Rekommunalisierung die Berliner Bevölkerung darüber abstimmen lassen, welchen dieser drei Beträge sie für angemessen hält.“

Das Abgeordnetenhaus wird sich in Kürze mit dem Rückkaufvertrag befassen.

Rückfragen richten Sie bitte an:
Dipl.-Volksw. Alexander Kraus
Vorstandsvorsitzender BdSt Berlin
Tel.: 030 – 790 10 714
Mobil: 0163 – 754 82 91

Oder direkt an:
Dipl.-Polit. Thomas Rudek
Berliner Wasserbürger (Verfasser des Volksgesetzes)
Mobil:  01578 – 5926189

(1) Erster offener Brief des Wasser-Bündnis an das Abgeordnetenhaus mit alternativen, kostengünstigen Berechnungen für den Fall einer erfolgreichen Anfechtung der Verträge: http://berliner-wasserbuerger.de/?p=2186
(2) Der Wortlaut des Schreibens der Finanzverwaltung ist einsehbar unter http://berliner-wasserbuerger.de/?p=2208
(3) Zweiter offner Brief des Wasser-Bündnis an das Abgeordnetenhaus, in dem die Vorhaltungen und Unterstellungen des Senats widerlegt werden http://berliner-wasserbuerger.de/?p=2211

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