26.5.2012, dlr, 9.05 bis 11 Uhr: Mehr oder weniger Demokratie wagen? – Über Sinn und Unsinn der Bürgerbeteiligung

Sendung verpasst? Auf der dlr-Homepage kann die Diskussion nachgehört werden.

Mehr oder weniger Demokratie wagen? – Über Sinn und Unsinn der Bürgerbeteiligung

Gäste: Publizist Laszlo Trankovits und Claudine Nierth von Mehr Demokratie e.V.

Moderation: Gisela Steinhauer

Mehr direkte Demokratie, mehr Bürgerbeteiligung, Volksentscheide auch auf Bundesebene! Nicht erst das Debakel rund um „Stuttgart 21“ hat diesen Forderungen mehr Rückenwind gegeben. Aber wie viel Bürgerbeteiligung sollte es sein? Führen mehr Volksabstimmungen wirklich zu mehr Demokratie?

…“Weniger Demokratie wagen!“ – lautet dagegen die Überzeugung und auch der Titel des neuen Buchs von Laszlo Trankovits. Darin analysiert der Journalist und Autor, warum ein Zuviel an Mitbestimmung, Umfragen und Bürgerbeteiligung die Politik auch lähmen kann. „Ich glaube, dass das ständige Eingreifen in die Politik schadet“, sagt der gebürtige Ungar, der seit mehr als 30 Jahren als Auslandskorrespondent für die Deutsche Presseagentur arbeitet.

Es sei ein Irrglaube, dass durch mehr Bürgerentscheide, die anstehenden Probleme gelöst werden könnten. „In meinem Buch versuche ich zu belegen, warum das ein Irrweg ist, ein Placebo für viele Krisenphänomene der modernen Gesellschaft, die sich derzeit in einem großen Umbruch befindet.“ Deutschland befände sich in einem ständigen Wahlkampf, der die Politiker unter Druck setze. „Ich bin unbedingt dafür, dass man die Bürger hört, aber wir müssen den Politikern Zeit lassen, es umzusetzen. Man darf den Prozess nicht so gestalten, dass er sich ständig selbst lähmt.“

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Fraglich ist, welche Alternativen Laszlo Trankovits bereit hält: Mehr handverlesene neoliberale Berater? Mehr Experten und Spezialisten? Mehr Geheimhaltung und weniger Glasnost? Über den Druck der Lobbyisten, die in Kombination mit dem Medienkonzern der Bertelsmann-Stiftung auf Politiker ausgeübt wird, darüber äußert sich Herr Trankovitis bezeichnenderweise nicht! Es ist bedauerlich, wenn ein Journalist zum Märchenerzähler wird und er völlig die Machtverschiebungen seit den 80er Jahren außen vor lässt. Es war die organisierte Zivilgesellschaft, ihre Lobbyorganisationen und Berater-Agenturen mit ihren Netzwerken auch zu den Medien, die seit den 80er Jahren nichts dem Zufall überlassen haben. Enn jetzt die Bürgergesellschaft sich zu Wort meldet, dann wird auf einmal das Loblied auf die repräsentative Demokratie angestimmt.

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