Antwort auf das Schreiben von Präsident Wieland mit einem einfachen Verfahrensvorschlag zur Offenlegung von „Wasser“-Dokumenten mit Vertraulichkeitsschutz

Berlin, 03.05.2012

An den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin
Ralf Wieland
Niederkirchnerstr. 5
10117 Berlin

Rechtsverstoß des Abgeordnetenhauses gegen § 3 Satz 2 des Gesetzes für die vollständige Offenlegung von Geheimverträgen zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe / Ihr Antwortschreiben vom 20. April 2012

Sehr geehrter Herr Wieland,

herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit für Ihre ausführlichen Anmerkungen zu unserem Beschwerdeschreiben genommen haben.

Der von Ihnen angeführte Vorschlag, auf den sich die Sprecher des Sonderaus­schusses verständigt haben, zeigt das Dilemma des Problems, dass sich unserem Verständnis nach zwischen den Vertraulichkeitsregelungen der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses und dem Transparenz- und Offenlegungsanspruch des Volks­gesetzes wie des Informationsfreiheitsgesetzes bewegt. Gerade vor dem Hintergrund des hohen Anspruchs, der mit der Novellierung des IFG an die Offenlegung von Dokumenten im Bereich eines natürlichen Monopols verbunden ist, sind wir sehr verwundert, dass die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses angeführt wird (§ 53 GO AGH in Verbindung mit Anlage 6 GO), um den eindeutigen Offenlegungsan­spruch des IFG zu relativieren. Wir waren der Ansicht, dass sowohl der parlamen­tarische Gesetzgeber wie der Volksgesetzgeber angetreten sind, um durch die Novellierung des IFG und durch das Volksgesetz den Transparenzanspruch zu stärken,  und die Zielsetzung darin besteht, dass der juristische Fortschritt nicht durch die GO des Abgeordnetenhauses eingeschränkt werden kann.

Das gegenwärtige Verfahren scheint weder dem IFG noch dem Volksgesetz Rechnung zu tragen. Sollten dem Sonderausschuss vertrauliche Wasser-Dokumente vorliegen, werden diese Dokumente nicht Gegenstand der gesetzlich geforderten öffentlichen Prüfung. Anstelle der Einhaltung des gesetzlichen Prüfauftrags soll der Vor­stands­vor­sitzende des Sonderausschusses sich mit dem Ansprechpartner der amtsführenden Stelle über den Status der Vertraulichkeit über die mögliche Aufhebung des Vertraulich­keits-Status ins Benehmen setzen.

Sie werden gewiss nachvollziehen können, dass diese Regelung für uns nicht befriedigend ist.  So ist nicht geklärt,

a) in welchem Zeitrahmen die Abklärung zu erfolgen hat;

b) wie dem gesetzlichen Prüfauftrag unter der Wahrung der Öffentlichkeit entsprochen werden kann, sollte die amtsführende Stelle dem Ansinnen des Vorstandsvorsitzenden nicht entsprechen;

c) wie und in welcher Form die Öffentlichkeit über ein mögliches Negativ-Ergebnis informiert und in Kenntnis gesetzt wird.

Daher möchten wir Ihnen einen Verfahrensvorschlag unterbreiten, der zumindest die formalrechtlichen Voraussetzungen schafft, damit der Öffentlichkeit wenigstens der Raum eingeräumt wird, um sich im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes den verwaltungsgerichtlichen Zugang  zu erklagen: Wenn Sie als Präsident des Abgeordnetenhauses veranlassen könnten, dass die in Frage kommenden Ausschüsse alle als vertraulich klassifizierten Wasser-Dokumente im Rahmen einer Meldepflicht Ihnen gegenüber zur Anzeige bringen, dann könnte ohne größeren Aufwand ein öffentliches parlamentarisches Transparenz-Register erstellt werden, aus dem der Titel des Dokuments, ein kurzes Stichwort zum inhaltlichen Regelungsgegenstand des Dokuments und die amtsführende Stelle hervorgehen. Dieses Verfahren hätte den Vorteil, dass die interessierten Bürger dann konkrete Anhaltspunkte hätten und sich direkt mit einem Auskunftsgesuch gemäß IFG an die zuständige amtsführende Stelle wenden könnten.

Wir sind überzeugt, Sie erkennen diese Möglichkeit eines Brückenschlags zwischen der repräsentativen Demokratie in der Informationsgesellschaft und dem wachsenden Beteiligungsbedürfnis der Bürgergesellschaft und würden es sehr begrüßen, wenn Sie als Konstrukteur dieses Brückenbaus auch ein Zeichen über den Berliner Horizont hinaus vermitteln.

 

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